Osterfriede in Österreichs katholischer Kirche

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Analyse. Der Franziskus-Effekt ist nun auch in einer zuletzt schwierigen Ortskirche diagnostizierbar: Die Kirchenbeiträge entwickeln sich besser als erwartet, Priester atmen wegen des Imagewandels auf, Streitigkeiten sind weitgehend beigelegt.

Wien. „Der neue Papst gefällt mir, ich trete doch nicht aus der Kirche aus.“ Oder: „Ich zahl jetzt meinen ausständigen Kirchenbeitrag ein, weil der Papst schaut jetzt auch, dass in der Vatikanbank alles in Ordnung kommt.“ Es sind Aussagen wie diese, neu und letztlich unerwartet, die die Mitarbeiter der Kirchenbeitragsstellen von „Kunden“ zu hören bekommen. Dokumentiert sind die Äußerungen von Josef Weiss, Finanzchef der Erzdiözese Wien.

Bisher waren seine Mitarbeiter auf eher ruppige Gesprächsverläufe konditioniert, mit selten differenzierter Kritik an der Kirche im Allgemeinen und am Papst im Besonderen. Jetzt ist das anders. Der Franziskus-Effekt ist ein Jahr nach dem Amtsantritt des neuen Oberhaupts der Katholiken in Österreich angekommen.

Finanzen: Die aktuellsten Zahlen der Kirchenaustritte werden von den Gemeinden – dort und nicht in der Pfarre selbst erklärt man ja den Austritt – wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Aber eine brandaktuelle, bisher nicht veröffentlichte Zahl gibt es doch, die über die Zahlungswilligkeit der Katholiken Aufschluss gibt: In Wien hat sich im Vorjahr das Aufkommen aus dem Kirchenbeitrag deutlich besser entwickelt als erwartet. 97,3 Millionen Euro sind 2013 von den Katholiken einbezahlt worden – immerhin um eine Million mehr als budgetiert. Und um 2,8 Prozent mehr als 2012 – was sogar über der Inflationsrate lag, die für 2013 mit zwei Prozent ausgewiesen wurde.

Der Wiener Finanzdirektor Weiss sagt: „Das Ergebnis des Beitragsaufkommens des Jahres 2013 ist für uns eine Überraschung.“ 2010 ist das Volumen der Kirchenbeiträge sogar nominal von 93,4 im Jahr 2009 auf 92,4 Millionen Euro gesunken. Damals erreichte die Welle der öffentlich erhobenen Missbrauchsvorwürfe an die Adresse von Priestern, Patres und Nonnen ihren Kulminationspunkt. Weiss: „Wir brauchen eine Kirche, die herzeigbar ist, und das ist sie jetzt.“


Bischöfe: Das Verhältnis der Bischöfe zueinander ist offenbar so gut wie selten zuvor. Große Auseinandersetzungen gibt es nicht. Reformkräfte sehen sich durch Franziskus bestätigt. Beim Papstbesuch Ende Jänner blieb harsche römische Kritik an der Situation in Österreich aus. Positiv haben sich die Neubesetzungen in Salzburg und in Vorarlberg ausgewirkt – auch in den betroffenen Bundesländern. Franz Lackner und Benno Elbs sind erfahrene, im franziskanischen Sinn bodenständige Seelsorger, die keine (zusätzlichen) Gräben aufreißen.

Ähnliches wird für die bevorstehende Ernennung eines Nachfolgers für den Grazer Langzeitbischof Egon Kapellari erwartet und auch für die Spitze der Militärseelsorge, die in Österreich als eigene Diözese organisiert ist – eine weltkirchlich seltene Organisationsform, die nicht unumstritten ist. Militärbischof Christian Werner (70) hat aus Gesundheitsgründen im Oktober 2013, fünf Jahre vor dem Erreichen der kirchenrechtlichen Altersgrenze, sein Rücktrittsgesuch im Vatikan eingereicht. Er operierte früher im Episkopat als Flügeladjutant des kürzlich verstorbenen streitbaren Bischofs Kurt Krenn.

Reformen: Zusammenlegen von kleinen zu einer großen Pfarre, Einrichten von Seelsorgeräumen, Verschenken bzw. Verkaufen von Kirchen: Unter diesen Vorzeichen gab es Unruhe und Unmut in Kerngemeinde so gut wie aller Diözesen. In der Erzdiözese Wien, deren Territorium bis in das nördliche Weinviertel und im Süden zur Buckligen Welt reicht, werden die Vorgaben von Kardinal Christoph Schönborn derzeit in den Dekanaten (Bezirken) beraten. Die Kritik ist leiser geworden.

Für den 15. Bezirk steht fest, dass eine Großpfarre fünf Pfarren schluckt. Sie wird nach der 2012 selig gesprochenen Sozialpolitikerin Hildegard Burjan benannt. Außerdem, dass die Pfarrkirche St.Anton von Padua verkauft wird – an die Rumänisch-Orthodoxen. Derzeit laufen Verhandlungen. Der Verkaufserlös nimmt sich bescheiden aus. Intern wird mit einem niedrigen sechsstelligen Eurobetrag gerechnet. Vorrangiges Ziel ist es, die Kosten für Sanierung und Erhaltung von nicht mehr als nötig erachteten Gebäuden auf null zu stellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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