Johannes Paul II. und Johannes XXIII. werden am Sonntag heiliggesprochen. Die Ewige Stadt rüstet sich auf einen Massenansturm von Gläubigen.
In Rom laufen die Vorbereitungen auf die Heiligsprechung von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. am Sonntag auf Hochtouren. Mit einer groß angelegten Organisation rüstet sich die Ewige Stadt auf einen Massenansturm von Gläubigen, die aus der ganzen Welt eintreffen werden. Pilger aus der ganzen Welt werden zum feierlichen Event in der Ewigen Stadt erwartet.
Tausende polnische Besucher werden mit Flügen aus Warschau, Katowice und Poznan erwartet. Gläubige aus ganz Italien sollen bis Sonntag mit Zügen und Bussen die italienische Hauptstadt erreichen. 4300 Pilgerbusse werden auf den Parkplätzen unweit des Vatikans halten. Sie sollen laut Angaben der römischen Gemeinde 216.000 Personen nach Rom führen.
2630 ehrenamtliche Helfer des Zivilschutzes sollen einen reibungslosen Ablauf des Events garantieren. Zur Erfrischung der Gäste sollen rund vier Millionen Wasserflaschen verteilt werden. Massivste Sicherheitsbestimmungen gelten zurzeit in Rom. Hunderte Polizisten und Soldaten werden in der italienischen Hauptstadt über die Sicherheit der Pilger und der Persönlichkeiten aus aller Welt wachen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden die Sicherheitsmaßnahmen mit dem Vatikan abgesprochen. Auch die Krankenhäuser sind in Alarmbereitschaft.
Nur zwölf Päpste haben in der gesamten 2000-jährigen Kirchengeschichte länger als 20 Jahre regiert. Mit über 26 Jahren saß kein anderer Pontifex im 20. Jahrhundert so lange auf dem Stuhl Petri wie er. Kein Papst vor ihm hat so viele Menschen durch Reisen und durch die Medien erreicht. (c) EPA (Claudio Onorati) Am 16. Oktober 1978 wird ein gewisser Karol Wojtyla zum Papst gewählt. Als der Kardinal-Protodiakon den Namen des Nachfolgers des Kurzzeitpapstes Johannes Paul I. verkündet, wissen nur Insider, wer da in Kürze auf den Balkon am Petersplatz in Rom treten würde. Der Kardinal von Krakau war international bis zu diesem Zeitpunkt kaum in Erscheinung getreten. Doch von seinem ersten öffentlichen Auftritt an begeisterte er die Massen. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Karol Wojtyla wurde am 18. Mai 1920 im südpolnischen Wadowice bei Krakau als Sohn eines ehemaligen k.u.k.-Offiziers geboren und verlor schon im Alter von neun Jahren die Mutter. 1938 begann er zunächst ein Philosophiestudium, nahm zugleich auch Schauspielunterricht und war Mitbegründer des Rhapsodie-Theaters in Krakau. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Unter der NS-Okkupation Polens war der spätere Papst in einem Steinbruch und später als Arbeiter in einer chemischen Fabrik tätig. Im Untergrund studierte er Theologie, nach der Priesterweihe am 1. November 1946 ging er zum Studium nach Rom und kehrte 1948 als Kaplan und Studentenpfarrer nach Polen zurück. 1958 wurde Wojtyla in Krakau zum Weihbischof ernannt und geweiht, 1964 übernahm er die Leitung der Erzdiözese Krakau. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Am 26. Juni 1967 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Kardinal. 1978 wird er schließlich als erster Nicht-Italiener seit 455 Jahren an die Spitze der katholischen Weltkirche gewählt. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Als neu gewählter Papst gab Johannes Paul zudem einen neuen und unorthodoxen Stil vor: Er trat sein Amt nicht mit Krönung und feierlicher Thronbesteigung an, sondern im Rahmen eines schlichten Gottesdienstes. Er führte einen modernen Umgangsstil in den Apostolischen Palast ein und brach mit manchen traditionellen Zeremonien. Das höfische "Wir" verschwand ebenso wie der päpstliche Tragsessel. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Drei Jahre nach seinem Amtsantritt wurde Papst Johannes Paul II. bei einem Attentat schwer verletzt. Der Papst zeigt esich am Petersplatz den Gläubigen in seinem offenen Jeep, als der Türke Mehmet Ali Agca aus der Menschenmenge heraus mit drei Kugeln den Papst traf. Eine davon verletzte Johannes Paul II. derart stark im Darmbereich, dass er literweise Blut verlor und bereits die Sterbesakramente bekam. (c) REUTERS (Reuters Photographer / Reuter) Auch Jahrzehnte danach herrscht keine letzte Klarheit, wuchern Spekulationen und Verschwörungstheorien weiter: Wer hatte den Täter angestiftet und bezahlt, um Johannes Paul II. mit einer halbautomatischen Browning-Pistole niederzustrecken? Der Papst vergibt dem Täter noch vom Krankenbett in der römischen Gemelli-Klinik aus und besucht ihn zwei Jahre später im Gefängnis. Die Gottesmutter war sein Schutzengel, sagt er. (c) REUTERS (Vatican Vatican / Reuters) Nach seinem Amtsantritt erwarb sich Joannes Paul II. den Ruf als "eiliger Vater". Bei 105 Auslandsbesuchen in 130 Ländern und mehr als 150 Besuchen innerhalb Italiens legte er weit mehr als eine Million Kilometer zurück und umrundete damit mehr als 30 Mal die Erde. Kein Papst vor ihm hat so viele Menschen durch Reisen und durch die Medien erreicht. (c) EPA (Stf) Bald nach seinem Amtsantritt zeichnete sich ab, dass der Papst aus dem Osten die geistige wie politische Auseinandersetzung mit dem Kommunismus im Blick hatte. Im Bild: Papst Johannes Paul II. trifft am 6. Juni 1987 auf US-Präsident Ronald Reagan. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Drei Mal reiste er in das kommunistische Polen und gab dort Kirche und Opposition moralische Rückenstärkung. Gezielte Signale für den Osten Europas setzte er auch mit Selig- und Heiligsprechungen. Im Bild: Gläubige warten in Danzig auf den Heiligen Vater im Jahr 1999, seinem siebenten von acht Besuchen in Polen. (c) EPA (Janek Skarzynski) Selbst der frühere Kreml-Chef Michail Gorbatschow bescheinigte dem Papst aus Polen, dass er wesentlich zum Ende des Kommunismus und zu den Ereignissen der Wendejahre 1989/90 beigetragen habe. Der Papst und Gorbatschow bei einem Treffen am 18. November 1990. (c) REUTERS (Reuters Photographer / Reuter) Der anfängliche Applaus schlug allerdings im Laufe der Jahre vielfach in Distanz und Kritik um. Im Bild: Prinz Charles mit seiner damaligen Frau Diana bei einer Privataudienz im Vatikan am 25. April 1985. (c) Reuters (Reuters Photographer / Reuter) Ursache waren auch kontroversiell aufgenommene Bischofsernennungen - wie etwa jene von Hans Hermann Groer, Kurt Krenn oder Georg Eder in Österreich - und das Festhalten des Papstes an der traditionellen Lehre in Fragen der Moral und der Kirchenordnung (Zölibat, Empfängnisverhütung, Frauenordination). Im Bild: Der zweite Papstbesuch von Johannes Paul II. in Österreich im Juni 1988. Er wird von Bundespräsident Kurt Waldheim (Mitte) begrüßt. Im Hintergrund rechts ist Kardinal Groer zu sehen. (c) APA/JÄGER Robert (J?�GER Robert) Auch ein drittes Mal besucht der Papst Österreich. 1998 feiert er die Heilige Messe mit Tausenden Gläubigen auf dem Heldenplatz in Wien. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT) Im interreligiösen Dialog setzte Johannes Paul II. wesentliche Meilensteine. Als erster Papst der Neuzeit besuchte Johannes Paul eine Synagoge (in Rom im April 1986) und als erster Pontifex überhaupt eine Moschee (die Omayyaden-Moschee in Damaskus im Mai 2001). Im Bild: Der Papst an der Klagemauer in Jerusalem während seiner Pilgerreise nach Israel, Jordanien und in die Palästinenser-Gebiete im März 2000. (c) REUTERS (Reuters Photographer / Reuter) In den international auftretenden Skandal rund um Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche agierte Johannes Paul II. zögerlich. Im April 2002 zitierte er das gesamte us-amerikanische Kardinalskollegium in den Vatikan zu einer Krisensitzung (im Bild). Die Taten seien "eine entsetzliche Sünde in den Augen Gottes". Die Priester hätten "großen Schaden" angerichtet und den Jugendlichen Leid zugefügt. Gleichzeitig verteidigte der Papst die Katholische Kirche und nahm die Mehrheit der Priester in den USA in Schutz. (c) EPA (Filippo Monteforte) Die zunehmende Gebrechlichkeit des Papstes löste während der letzten Jahre Spekulationen über einen denkbaren Rücktritt aus. Offiziell wurde nie bestätigt, dass der Papst an Parkinson litt. Zudem wurde auch immer mehr darüber geredet, dass päpstlichen Helfern und Vertrauten immer mehr Macht zufiel. "Auch ein schwacher Papst kann führen", meinte Johannes Paul II. einmal - und erreichte, zäh und unbeugsam auch gegenüber seinem eigenen physischen Verfall, letztlich sein Ziel, die römische Kirche in ein neues Jahrtausend zu führen. (c) REUTERS (Reuters Photographer / Reuter) Johannes Paul II. verstarb am 2. April 2005 und brach auch nach seinem Tod noch einige Rekorde. (c) REUTERS (Kai Pfaffenbach / Reuters) Nachdem viele Anwesende bereits bei seiner Totenmesse im April 2005 seine sofortige Heiligsprechung ("Santo subito!") gefordert hatten, hob sein Nachfolger Benedikt XVI. für ihn die übliche Frist von fünf Jahren für die Einleitung des Seligsprechungsverfahrens auf.Im Bild der damalige Zelebrant der Totenmesse und spätere Papst Josef Ratzinger. (c) EPA (Maurizio Brambatti) Die schnelle Heiligsprechung sorgt aber auch für Kritik. Die Kirche habe nicht umsonst ein ausgefeiltes, gestuftes Verfahren, das beim zweiten Kanonisierten, Johannes XXIII., entsprechend lange gedauert habe, meint etwa der deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf. Mit Ausnahmen sollte man da zurückhaltend sein. Im Bild: Schwester Marie Simon-Pierre ist eines der Wunder, das Johannes Paul II. zugerechnet wird. Simon-Pierre soll von Parkinson geheilt worden sein. (c) REUTERS (Jean-Paul Pelissier / Reuters) In Polen wurde Johannes Paul schon zu Lebzeiten wie ein Heiliger verehrt. Die Heiligsprechung ist für das Land ein großer Moment. In Tschenstochau zeugt mittlerweile die 14 Meter große Statue des Papstes von der Bedeutung des polnischen Kirchenmannes für sein Heimatland. (c) Reuters (Agencja Gazeta / Reuters) Papst Johannes Paul II. im Portrait 18 Videoleinwände in umliegenden Straßen Da der Petersplatz und die zum Vatikan führende Via della Conciliazione nur einige Hunderttausend Menschen fassen können, werden 18 Videoleinwände in den umliegenden Straßen aufgestellt, damit die Gläubigen die von Papst Franziskus zelebrierte Heiligsprechung von dort aus verfolgen können. Eintrittskarten für den Petersplatz sind nicht notwendig. Die Gemeinde Rom warnt vor Betrügern, die unwissenden Gläubigen im Internet Karten zu hohen Preisen für die Zeremonie auf dem Petersplatz anbieten. Um den Transport der Pilger zu gewährleisten, fahren römische U-Bahnen und Busse am Wochenende der Heiligsprechung außerplanmäßig die ganze Nacht.
Begleitet werden die Feierlichkeiten von einem umfangreichen Rahmenprogramm. In der Nacht auf Sonntag werden mehrere Kirchen der Innenstadt zu Gebetswachen offen sein. Messen werden in mehreren Sprachen, darunter polnisch und arabisch zelebriert. In der Lateranbasilika wird am Samstagabend eine Messe für Pilger aus der lombardischen Provinz Bergamo, Heimatort von Johannes XXIII. gehalten.
Zusammen mit Johannes Paul II. wird am Sonntag (27. April) auch einer seiner Vorgänger, Johannes XXIII. (1958-1963), heiliggesprochen - der "gute Papst", der das Konzil einberief und an den aktuellen Papst Franziskus mit seiner Menschenliebe so sehr erinnert.Bild: Johannes XXIII. am 29. Oktober 1958 (c) imago stock&people 1958 hatte das erste Konklave nach dem Zweiten Weltkrieg den damaligen Patriarchen von Venedig Angelo Giuseppe Roncalli im Alter von 77 Jahren zum Papst gewählt. Der von den Medien als "Mann des Übergangs" Titulierte hinterließ trotz seiner kurzen Amtszeit von nur knapp fünf Jahren bis heute sichtbare Spuren in der Kirchengeschichte.Im Bild: Die Amtseinführung am 4. November 1958 im Petersdom (c) imago stock&people Er berief das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ein, das die katholische Kirche nach einem jahrzehntelangen scharfen Abgrenzungskurs von der Moderne fast über Nacht ins 20. Jahrhundert katapultierte. (c) imago stock&people (imago stock&people) Er eröffnete eine Ära des Dialogs mit den anderen Konfessionen und den Nichtglaubenden und machte das Papsttum zu einer moralischen Autorität, die von beiden Lagern des Kalten Krieges respektiert und umworben wurde.Im Bild: Queen Elizabeth und Prinz Philip besuchen den Papst am 5. Mai 1961. (c) imago stock&people (imago stock&people) Und er prägte ein neues, menschlicheres Papstbild, das weit über die Grenzen der Kirche hinaus wirkte: Nach dem asketisch strengen Römer Pius XII. (1939-1958) war der norditalienische Bauernsohn mit dem stattlichen Leibesumfang und dem gütigen Lächeln ein Papst ganz anderer Art: Er strahlte Güte, Wärme und Menschenfreundlichkeit aus, was ihm schon bald den Beinamen "papa buono" eintrug.Im Bild: Johannes XXIII. besucht 1958 das Gefängnis Regina Coeli in Rom. (c) imago stock&people (imago stock&people) Die Ehre, Bestandteil eines Ortsnamens zu werden, ist nur wenigen Päpsten zuteilgeworden. Der Heimatort von Johannes XXIII., Sotto il Monte, heißt heute offiziell "Sotto il Monte Giovanni XXIII." Auf Deutsch mag der Name "Unterhalb des Berges Johannes XXIII." etwas sperrig wirken. Doch die Einwohner des 4500-Seelen-Städtchens stört das nicht. (c) imago/Italy Photo Press (imago stock&people) Geboren wurde Roncalli hier am 25. November 1881. Er wuchs als eines von zwölf Kindern in einer Bauernfamilie auf. Im ersten Weltkrieg war er Sanitäter und Feldprediger, später wurde er Bischof und Patriarch von Venedig.Im Bild: Das Geburtshaus Für die Einwohner von "Sotto il Monte Giovanni XXIII." ist der vor 50 Jahren gestorbene Angelo Giuseppe Roncalli noch immer schlichtweg "Il papa" - der Papst. In seinem Heimatort wird seine Erinnerung gepflegt, mit Gedenksteinen, Statuen und Straßennamen. (c) imago/Italy Photo Press (imago stock&people) Als Johannes XXIII. am 3. Juni 1963 nach schwerer Krankheit starb, hatte das von ihm angestoßene Konzil noch kein einziges Dokument beschlossen. Sein Nachfolger Paul VI. brachte es zweieinhalb Jahre später zu Ende. Bild: Nach dem Tod Johannes XXIII. wird der Körper über den Petersplatz getragen. (c) imago stock&people (imago stock&people) Am 3. September 2000 wurde Johannes XXIII. seliggesprochen. Die katholische Kirchenlehre sieht vor, dass die Heiligsprechung nur für solche Persönlichkeiten infrage kommt, die bereits seliggesprochen sind. Nach der Heiligsprechung wird es möglich, Kirchen nach dem früheren Papst zu benennen. Für die Heiligsprechung am Sonntag (27. April) gab der aktuelle Papst Franziskus auch ohne einen erneuten Wundernachweis Grünes Licht.Bild: Papst Johannes XXIII als Man of the Year auf dem Titel des Time-Magazine vom 4. Jänner 1963. (c) imago/Italy Photo Press (imago stock&people) Vom ''Mann des Übergangs'' zum ''guten Papst'' Globales Medien-Event Die Heiligsprechung wird zu einem globalen Medien-Event. Über tausend Journalisten und Fotografen aus der ganzen Welt akkreditierten sich bisher am Heiligen Stuhl, um an der Zeremonie vor dem Petersdom teilzunehmen. Wie nach dem Tod von Johannes Paul II. im Jahr 2005 und dem Konklave für die Wahl von Papst Franziskus im vergangenen Jahr scheint der Vatikan von den Medien regelrecht belagert zu werden. TV-Stationen aus Dutzenden Ländern werden über die Heiligsprechung der beiden Päpste berichten.
(APA)
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