Christenverfolgung: 175.000 Tote im Jahr, weil sie an Jesus glauben

Christen-Organisationen sehen Konflikte mit Moslems, aber auch Hindus wachsen.

WIEN. An Jesus zu glauben und dazu zu stehen kann in vielen Teilen der Welt gefährlich sein oder Nachteile bringen. Christen machen Experten zufolge rund 80 Prozent all jener Menschen aus, die wegen ihres Glaubens bedroht, misshandelt, eingesperrt oder getötet werden. Sie sind damit die größte betroffene Religionsgemeinschaft vor Moslems und Hindus. 200 bis 250 Millionen Christen sollen derzeit bedroht sein, 175.000 würden jedes Jahr getötet. Das meldet die Hilfsorganisation „Christian Solidarity“ mit Niederlassung in Österreich. In Europa gebe es nur einzelne Fälle von Diskriminierung.

Die Christenverfolgung hat viele Gesichter: Sie reicht vom Zwang, auf offener Straße keine Bibel zu tragen, über die Vergewaltigung durch einen Andersgläubigen bis zum Mord durch radikale Moslems oder (Ex-)Kommunisten.

Irak: Jugendliche gekreuzigt

Von einer Zunahme der Christenverfolgung geht Antonius Leitner von „Christian Solidarity“ im Kriegs-Irak aus. Seit der US-Invasion 2003 habe sich der Konflikt zwischen den 23 Millionen Moslems und den nunmehr nur noch 950.000 Christen „weiter aufgeschaukelt“ – rund die Hälfte der Christen hat seither das Land verlassen. Viele, die geblieben sind, zittern. Denn über die Medien und ihre Glaubensgemeinschaft haben sie erfahren: Priester wurden getötet, Jugendliche gekreuzigt, andere geköpft – weil sie Christen waren und das auch zeigten.

Als zweiter Hauptschauplatz gilt das stalinistisch geprägte Nordkorea. Dort sollen 100.000 bis 200.000 Christen in „Arbeitslagern“ eingesperrt sein, „weil sie nicht bereit waren, Kim Jong-Il als Gottkönig zu verehren“, sagt Leitner über den Diktator: „Jetzt müssen sie bei Hunger und Durst darauf warten, zu sterben.“

Außer durch kirchenfeindliche (Ex-)Kommunisten und radikale Moslems drohe den Christen künftig zunehmend durch Hindus die Verfolgung, meint Leitner. In Indien würden extremistische hinduistische Parteien darauf drängen, dass Mitglieder der untersten Kaste, die als Christen nicht länger Unberührbare wären, nicht die Religion wechseln. Manche der Hindus hätten „herausgefunden, dass sie Frauen am ehesten Demut lehren, wenn sie sie vergewaltigen“ – das breche oft deren Willen zu konvertieren.

Nur Einzelfälle in Europa

Beliebte „Zielscheiben“ in der Christenverfolgung sind Geistliche. Laut Vatikan-Kongregation für die Evangelisation der Völker gab es im Vorjahr 24 Todesopfer unter den Priestern und Laien, die bei der Kirche angestellt waren, den Großteil davon in Afrika (elf Tote), wo das Christentum, aber auch der Islam wächst. Beim katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ in Österreich geht man davon aus, dass die Zahl aller toten Geistlichen „deutlich höher“ ist.

Europa gilt unter den Experten weiterhin als ungefährlich. „Kirche in Not“ berichtet von Einzelfällen von Diskriminierung. Beispielsweise müssten in Weißrussland Christen, die nicht orthodox oder katholisch sind, bei Ämtern häufig länger warten – etwa beim Kauf eines Grundstücks.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2007)

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