Sieg für Zeugen Jehovas: Österreich diskriminiert Religionen

Massentaufe der Zeugen Jehovas
Massentaufe der Zeugen Jehovas(c) EPA (Manuel H. De Leon)
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Das österreichische Religionsrecht verletzt Menschenrechte, urteilt der Europäische Gerichtshof in Straßburg. Die Zeugen Jehovas gelten nur als "religiöse Bekenntnis-Gemeinschaft", nicht als Kirche.

Die Zeugen Jehovas freuen sich über einen juristischen Erfolg gegen die Republik Österreich: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit einer Mehrheit von sechs zu einer Stimmer in einer heute veröffentlichten Entscheidung festgestellt, dass das österreichische Religionsrecht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

Die Zeugen Jehovas hatten vor drei Jahren geklagt, weil ihnen 20 Jahre der Status als Rechtspersönlichkeit verweigert wurde, was ihrer Meinung nach eine Diskriminierung und eine Benachteiligung gegenüber staatlich anerkannten Kirchen darstellt. So seien etwa nur Spenden an anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften steuerlich absetzbar. Diskriminierungen seien auch durch das "teilweise staatlich geförderte Sektenstigma" gegeben.

Kirchen in Österreich

Derzeit sind in Österreich 13 Kirchen staatlich anerkannt, hinzu kommen elf eingetragene Bekenntnisgemeinschaften - darunter die Zeugen Jehovas.

Nach Ansicht des Gerichtshofs ist die Religionsfreiheit der Beschwerdeführer verletzt, weil es in Österreich zwei Klassen von Religionsgemeinschaften gibt. Dadurch werde eine Klasse minderwertiger Religionen geschaffen.

Die Zeugen Jehovas hatten im Jahr 1978 einen Antrag auf den Status als offiziell anerkannte Religionsgesellschaft gestellt. 1998 war ihnen von Österreich der Status einer eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft zuerkannt worden, mit dem auch eine Rechtspersönlichkeit verbunden ist. Zehn Jahre danach ist die Probezeit abgelaufen. Derzeit prüft das Kultusamt, ob die Zeugen Jehovas als offizielle Kirche anerkannt werden.

Österreich hat das Recht auf ein faires Verfahren beim Antrag auf Anerkennung als Religionsgesellschaft verletzt, urteilten die Straßburger Richter einstimmig. Die Kritik der Zeugen Jehovas an fehlenden Beschwerdemöglichkeiten wurde von dem Menschenrechtsgericht verworfen. Den Zeugen Jehovas, deren Klage von vier österreichischen Staatsbürgern unterstützt wurde, wurden von dem Gericht 10.000 Euro Schadenersatz zugesprochen. Außerdem muss Österreich die Verfahrenskosten in Höhe von 42.000 Euro tragen.

Zeugen Jehovas: Signalwirkung

Johann Zimmermann, der Sprecher der Zeugen Jehovas in Österreich, zeigte sich erfreut: "Das Urteil ist nicht nur für die beiden Beschwerdeführer, sondern für viele Religionsgemeinschaften von Interesse. So sind auch Baptisten und Hindus in Österreich nicht anerkannt. Ihre Mitglieder werden vom Gesetz in vieler Hinsicht allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer nicht anerkannten Kirche benachteiligt." Der Gesetzgeber sei nun angehalten, auf die Entscheidung zu reagieren und die Rechtslage anzupassen, so Zimmermann.

(Red.)

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