Scientologen gegen Psychiater: Schock-Ausstellung nach Wien

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"Psychiatrie – Hilfe oder Tod?" heißt die Ausstellung einer von Scientology gegründeten Organisation. Experten üben Kritik an der Einseitigkeit. Ab 26. November im Palais Palffy.

WIEN.Ein Krankenbett mit Fuß- und Armfesseln, in das Blitze einschlagen – das Sujet, das an Horrorfilme der 1980er erinnert, ist in Wirklichkeit eine Einladung zu einer Ausstellung. Einer Ausstellung mit dem Titel „Psychiatrie – Hilfe oder Tod?“, die ab kommendem Mittwoch im Wiener Palais Palffy zu sehen sein wird.

Organisiert wird die Schau von der „Bürgerkommission für Menschenrechte“ – einer Gruppe, die 1969 als „Citizens Commission on Human Rights“ von Scientology und dem amerikanischen Universitätsprofessor Thomas Sasz in den USA ins Leben gerufen wurde – er gilt als Vertreter der Antipsychiatriebewegung, und auch Scientology hat die Psychiatrie als ein Feindbild erkoren.

Wirklich neu ist die Ausstellung allerdings nicht, bereits im September 2006 war sie schon einmal in Wien zu sehen – ebenfalls im Palais Palffy. „Ich habe es so wahrgenommen, dass man einen guten Magen braucht, um diese Ausstellung zu überstehen“, erzählt Johannes Sinabell, Leiter des Referats für Weltanschauungsfragen der Erzdiözese Wien. So seien auf LCD-Bildschirmen Archivaufnahmen gezeigt worden, die Psychiatrie unter anderem für Drogensucht, verhaltensauffällige Kinder und sogar für das Naziregime verantwortlich macht.

„Der Informationswert ist gleich null“, so Sinabell. „Letztlich lautet die Botschaft, dass die Psychiatrie an allem schuld ist. Die Ausstellung differenziere nicht, sondern biete eine „Aneinanderreihung von Schauerbildern“, kritisiert er. Ist es nun gefährlich, diese Ausstellung zu besuchen? „Dass sich diese Organisation in nicht besonders sachgemäßer Weise mit dem Thema Psychiatrie auseinandersetzt, konnte schon öfters beobachtet werden“, sagt German Müller, Leiter der Bundesstelle für Sektenfragen. Eine Gefahr sieht er für Menschen, die etwa selbst in psychiatrischer Behandlung sind – „sie könnten durch diese Ausstellung erschreckt werden“.

Psychiater als Konkurrenten

Dass Scientology nicht selbst als Organisator auftritt, sondern stellvertretend einen Verein ins Rennen schickt, habe übrigens System: „Es fällt schon auf, dass auf Werbeständen der Name Scientology selbst nicht zu finden ist“, so Müller. So ist nicht gleich ersichtlich, mit wem man es zu tun.

Aber warum hat Scientology überhaupt ein Problem mit der Psychiatrie? Das, so Müller, liege vermutlich auch daran, dass die Organisation mit „Dianetik“ und „Scientology“ selbst Methoden für den Mental-Health-Bereich anbiete – und Psychiatrie könnte als Konkurrent gesehen werden.

Auf einen Blick

Psychiatrie – Hilfe oder Tod? ist eine Ausstellung, die ab Mi., 26.11. im Palais Palffy stattfindet. Dahinter steckt eine von Scientology gegründete Organisation. Experten üben Kritik an der Einseitigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2008)

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