Konflikt zwischen Papst und Judentum: Signale des Friedens

Die Großrabbiner von Israel, Yona Metzger (l.) und Shlomo Amar (r.)
Die Großrabbiner von Israel, Yona Metzger (l.) und Shlomo Amar (r.)(c) AP (Bernat Armangue)
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Der Papst distanziert sich von einem Bischof, der die Existenz von Gaskammern bestreitet. Ein "Schritt nach vorn", sagt das Israels Großrabbinat, das zuvor die Beziehungen abgebrochen hat.

Der Konflikt zwischen Israels Großrabbinat und dem Vatikan um die Aufhebung der Exkommunikation eines Bischofs, der die Existenz von Gaskammern leugnet, dauert an - doch sendet die höchste religiöse Instanz Israels Signale der Entspannung. Nachdem der Papst jegliche Form des Vergessens, der Leugnung oder Verharmlosung des Holocausts verurteilt hatte, sprach der Generaldirektor des Rabbinats, Oded Wiener, von einem "großen Schritt nach vorne". "Es handelt sich um eine sehr wichtige Aussage für uns und für die ganze Welt", so Wiener.

Zuvor hatte das Großrabbinat die offiziellen Beziehungen zum Vatikan abgebrochen. Es hat auch ein im März geplantes Treffen mit der Kommission des Heiligen Stuhls für die Beziehungen zu den Juden abgesagt. In dem Brief hatte Wiener dem Präsidenten der Kommission, Kurienkardinal Walter Kasper, geschrieben, dass eine Fortsetzung des Dialogs ohne eine öffentliche Entschuldigung vom Vatikan schwierig sei.

Das Großrabbinat als höchste religiöse Instanz des Landes steht unter der Leitung von zwei Großrabbinern, die der sephardischen (orientalischen) bzw. der aschkenasischen (euroäischen) Richtung vorstehen.

Papst verurteilt den Holocaust

Papst Benedikt XVI. drückte am Mittwoch bei der Generalaudienz seine Solidarität mit den Juden aus. Er hoffe, dass die Erinnerung an den Holocaust auch als Warnung diene vor "der unberechenbaren Kraft des Bösen, wenn es die Herzen der Menschen erobert", sagte das Kirchenoberhaupt. Vatikansprecher Federico Lombardi drückte die Hoffnung aus, dass das israelische Großrabbinat seinen Beschluss überdenken möge. Der Dialog müsse fortgesetzt werden.

Der Vatikan hat die klare Verurteilung von Antisemitismus und Holocaust durch Benedikt XVI. betont. Radio Vatikan sendete am Dienstag einen langen Beitrag anlässlich des Holocaust-Gedenktages, in dem an den Besuch des Papstes im Konzentrationslager Auschwitz und in der Kölner Synagoge erinnert wurde. Der Papst habe die unmenschliche und rassistische Ideologie, die zum Holocaust führte, mehrfach deutlich verurteilt, hieß es.

Angespanntes Verhältnis Israel - Vatikan

Bei einer früheren Zusammenkunft mit den Großrabbinern von Israel, Yona Metzger und Shlomo Amar, hatte der Papst für Irritationen gesorgt, indem er auf die unbefriedigende Lage der Christen im Heiligen Land hinwies (mehr ...).

Die Beziehungen zwischen dem Vatikan und Israel waren im Sommer 2005 auf einem Tiefpunkt, nachdem die damalige Regierung von Premier Ariel Sharon dem Papst vorgeworfen hatte, nicht israelischer Terroropfer gedacht zu haben. Der Vatikan verwies seinerseits auf israelische Völkerrechtsverstöße in besetzten Gebieten. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hatte den Bau der israelischen Sperranlage im besetzten Westjordanland kritisiert. Der Heilige Stuhl hat immer wieder eine internationale Garantie für den Schutz der heiligen Stätten in Jerusalem gefordert.

Bischof leugnete Gaskammern

Ungeachtet jüdischer Proteste hatte Benedikt XVI. die Exkommunikation von vier traditionalistischen Bischöfen der Bruderschaft St. Pius X. des verstorbenen französischen Erzbischofs Marcel Lefebvre annulliert, unter ihnen Williamson, der während eines Deutschland-Aufenthalts in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen geäußert hatte: "Ich denke, dass 200.000 bis 300.000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben sind, aber nicht ein einziger von ihnen in Gaskammern" (mehr ...)

Da Holocaust-Leugnung in Deutschland ein Offizialdelikt ist, hat die Staatsanwaltschaft Regensburg ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller sagte am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk, er erwarte, dass Williamson sich von seinen "zutiefst menschenverachtenden" Äußerungen distanziere und sein Amt nicht mehr ausübe. Er erteilte ihm zudem Hausverbot in Regensburg.

Wiesel: Vatikan handelte mit Absicht

Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel hat entsetzt auf die Entscheidung von Papst Benedikt XVI. reagiert. Mit der Aufhebung der Exkommunikation Williamsons habe Benedikt "der vulgärsten Erscheinung des Antisemitismus" Glaubwürdigkeit verliehen, sagte Wiesel am Mittwoch. "Das Ergebnis der Entscheidung ist einfach: Einem Holocaust-Leugner Glaubwürdigkeit zu verleihen, bedeutet, dass es uns Juden gegenüber an Feingefühl fehlt", sagte Wiesel, der die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald überlebt hat.

Eine unwissentliche Entscheidung des Papstes schloss Wiesel aus: "Die Kirche weiß, was sie tut, besonders auf der Ebene des Papstes, diesen Mann wieder aufzunehmen. Sie wissen, was sie tun, und sie taten es absichtlich. Ihre Absichten kenne ich aber nicht." Er könne dem Vatikan keinen Rat geben, wie die Dinge wieder in Ordnung gebracht werden könnten. "Der Vatikan hat die Situation herbeigeführt. Nun muss er sie auch lösen."

(Ag./Red.)

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