Schule: Die Religion muss der Ethik Platz machen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Unterrichtsministerin Claudia Schmied will einen Werte-Unterricht für alle Schüler. Noch ist aber ungeklärt: Kommt Ethik als neuer Gegenstand oder als Ersatz für Religion?

WIEN. Unterrichtsministerin Claudia Schmied wird nun nachhaltig von der Schülerfraktion ihrer Partei attackiert. Die Aktion kritischer Schüler – die AKS, die auf dem SPÖ-Parteitag Delegierte stellt – fordert in einer seit Monaten anhaltenden Kampagne ein Ende des Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen. In den vergangenen Tagen verstärkte die AKS ihre Kampagne, einige Vertreter inszenierten medienwirksam eine Aktion vor dem Stephansdom.

Für Claudia Schmied ist die Abschaffung des Religionsunterrichts kein Thema – was auch angesichts der gesetzlichen Lage derzeit nicht geht (siehe Info-Kasten). Gleichzeitig macht die Ministerin aber aus ihrer Vorliebe für einen Ethikunterricht kein Hehl. Im Frühjahr werde eine parlamentarische Enquete zum Ethikunterricht stattfinden, erklärte Schmied in den vergangenen Tagen. Diese Enquete ist allerdings ein „Endlosthema“: Sie wurde schon vor einem Jahr für den Herbst 2008 angekündigt, dann verankerte man die Abhaltung sogar eigens im Regierungsprogramm. Eine Parlamentsenquete, so sagt man im Schmied-Büro, könne nur Nationalratspräsidentin Barbara Prammer einberufen. Der Antrag, so heißt es wiederum im Prammer-Büro, müsse aus dem Hauptausschuss des Parlaments kommen. Und dort war dies bis jetzt kein Thema.

Nicht gegeneinander ausspielen

„Die Ministerin will Religion und Ethik nicht gegeneinander ausspielen“, sagt Schmied-Pressesprecher Nikolaus Pelinka. Gleichzeitig hat sich Schmied in einem wesentlichen Punkt festgelegt: Der Ethikunterricht soll, so er kommt, nicht für „Religionsflüchtlinge“, sondern für alle eingeführt werden. Damit lehnt sie die derzeitige – von der ÖVP befürwortete – Regelung ab: Seit 1998 gibt es Ethik als Schulversuch an der AHS-Oberstufe und BHS nur für jene Schüler, die sich von Religion abmelden. Die ÖVP wollte damals die Flucht in eine Freistunde verhindern.

Für Claudia Schmied bedeutet Ethik „Wertevermittlung, Demokratievermittlung und interkulturelles Zusammenleben“. Wenn Ethik zu einem eigenen Fach wird, müsste man einen anderen Gegenstand kürzen. Diese Diskussion sei zu früh, sagt Pelinka, jetzt wolle man die Ergebnisse der Parlamentsenquete abwarten.

Die FPÖ ist wie die ÖVP strikt für die Beibehaltung des Religionsunterrichts. Der grüne Bildungssprecher Harald Walser tritt für einen verpflichtenden Ethikunterricht und einen konfessionellen auf freiwilliger Basis ein – also für eine Gesetzesänderung. Ähnlich hatte schon der frühere SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser argumentiert. Genauso radikal wie die SPÖ-Schüler von der AKS legt sich nur noch das Liberale Forum mit ihrer Aussendung „Weg mit dem Religionsunterricht“ fest.

Der für Schulbelange zuständige katholische Bischof ist übrigens Kardinal Schönborn, der Vorsitzende der Bischofskonferenz. An ihm werden wohl Änderungswünsche abprallen. „Das Besondere am Religionsunterricht ist“, so die Leiterin des katholischen Schulamtes Christine Mann, „dass in der Klasse jemand steht, der dieser Glaubensrichtung auch angehört.“

AUF EINEN BLICK

Die Gesetze. Im Konkordat Österreichs mit dem Heiligen Stuhl (1922) und im Schulvertrag mit dem Heiligen Stuhl (1962) werden das katholische Privatschulwesen und der Religionsunterricht geregelt. Innerstaatlich ist das Religionsunterrichtsgesetz aus dem Jahr 1947 maßgeblich. Dieses betrifft alle Kirchen und Religionsgesellschaften. Änderungen (z.B. die Anzahl der Religionsstunden) können nur im Konsens, also auch mit Zustimmung der Kirchen, getroffen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2009)

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