Der Irrmeinung von der Unfehlbarkeit des Papstes

Papst Benedikt XVI.
Papst Benedikt XVI.(c) AP (Andrew Medichini)
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Seit über 100 Jahren gilt das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Papst auf eigene Faust die Glaubenslehre umkrempeln kann.

Bei umstrittenen Entscheidungen des Papstes ist immer wieder von der "päpstlichen Unfehlbarkeit" die Rede, doch: "Im Zusammenhang mit der päpstlichen Unfehlbarkeit gibt es leider unausrottbare Missverständnisse und Irrtümer", klagt Regina Radlbeck-Ossmann, Professorin für katholische Theologie an der Universität Halle-Wittenberg. "Viele glauben, dass sich der Papst einfach Privatmeinungen einfallen lassen könnte, die dann für die ganze Kirche verbindlich sind. Genau dies kann er aber nicht."

Die Möglichkeit, eine Lehre der katholischen Kirche unfehlbar zu verkünden, kommt entweder einem ökumenischen Konzil oder dem Papst als sichtbarem Oberhaupt der Kirche zu. Das Dogma (Lehrsatz) von der Unfehlbarkeit des Papstes ist vom Ersten Vatikanischen Konzil 1870 feierlich verkündet worden.

Die Unfehlbarkeit des Papstes solle die Kirche vielmehr "auch in extrem zugespitzten Situationen handlungsfähig halten", erläutert sie. Grundsätzlich müsse zwar "die Kirche als Ganzes aussagen, was sie glaubt". In Krisenzeiten jedoch - etwa, wenn ein Teil der Bischöfe mundtot gemacht worden sei - solle der Papst allein die Möglichkeit haben, den Glauben der Kirche zu bekunden.

Seltene Glaubenssätze "ex cathedra"

Ein vom Papst neu verkündeter Lehrsatz über Dinge des Glaubens oder der Moral gelte nur dann als unfehlbar, wenn er in einem feierlichen Akt ("ex cathedra", d. h. "vom Lehrstuhl Petri aus") zu einem Dogma erklärt werde. "Zudem muss er sich auf substanzielle Glaubenswahrheiten beziehen und der Bewahrung der authentischen Lehre dienen - er darf also nichts Neues enthalten", betont die Theologin.

Aus diesen Gründen werde die Verkündigung ex cathedra im engen Sinn kaum je in Anspruch genommen. Bisher ist es lediglich zweimal geschehen: 1854 hatte Papst Pius IX. feierlich die Lehre verkündet, dass die Jungfrau Maria, die Mutter Jesu, vom ersten Augenblick ihrer Existenz an ohne Erbsünde gewesen sei ("Unbefleckte Empfängnis"). 1950 dogmatisierte wiederum Papst Pius XII. die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel.

Mit einer derartigen Erklärung werde auch nicht behauptet, dass der Papst die Wahrheit schlechthin verkünde, "sondern es wird nur festgehalten, dass seine Position die ist, auf die man bauen, mit der man sich nicht verirren kann". Unfehlbarkeitserklärungen seien lediglich "das Netz unter dem Hochseil", eine gottgleiche Stellung beanspruche der Papst mit ihrer Hilfe nicht.

Auch werde die Unfehlbarkeit nie für das päpstliche "Alltagsgeschäft" - wie die aktuell kritisierte Rücknahme der Exkommunikation des Holocaust-Leugners Richard Williamson durch Papst Benedikt XVI. - in Anspruch genommen.

(Ag.)

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