Islamlehrer: Berufsverbot "überzogene Maßnahme"?

(c) Clemens Fabry
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Jener islamische Lehrer, der antisemitische Flugblätter verteilt haben soll und entlassen wurde, weist die Vorwürfe zurück. Das Ministerium spricht jedoch von einem Schuld-Eingeständnis des Mannes.

Er habe keine Listen mit Boykottaufrufen in die Schule mitgenommen. Das hat am Freitag jener umstrittene Wiener Islam-Lehrer versichert, dem vorgeworfen wurde, antisemitische Flugblätter im Unterricht verteilt zu haben. Seinen Job ist der Pädagoge aber trotzdem inzwischen los: Das Dienstverhältnis wurde einvernehmlich aufgelöst, wie die Islamische Glaubensgemeinschaft (IG) mitteilte. Zuvor war gegen den Lehrer bereits ein Unterrichtsverbot ausgesprochen worden.

Unterrichtsministerin: "Einsicht in ein Fehlverhalten"

Gestern, Donnerstag, hatte Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) den Wiener Stadtschulrat aufgefordert, ein solches Verbot wegen "Gefahr im Verzug" zu verhängen. Sie berief sich bei dieser Entscheidung auf das Religionsunterrichtsgesetz, wonach Religionslehrer in der Ausübung ihrer Lehrtätigkeit den allgemeinen staatlichen schulrechtlichen Vorschriften unterliegen.

Am Freitag wurde vonseiten des Unterrichtsministeriums betont, dass der Lehrer seine Schuld eingestanden habe. So wird jedenfalls die Unterschrift des Lehrers unter eine Weisung von Bezirksschulinspektor und Schuldirektor gewertet, in dem dem Pädagogen politische Agitation im Unterricht untersagt wird. Damit habe er "Einsicht in ein Fehlverhalten dokumentiert", hieß es im Stadtschulrat. Außerdem habe der Direktor der Schule die Verteilung der Flugblätter bestätigt, hieß es seitens des Ministeriums.

Flugblätter von Schülern?

Der Lehrer soll an der Kooperativen Mittelschule (KMS) Brüßlgasse in Wien-Ottakring an seine Schüler Flugblätter mit Logos internationaler Unternehmen verteilt und die Kinder aufgefordert haben, dort nicht einzukaufen, da diese "jüdisch" seien. Diese Darstellung hat der Betroffene am Freitag - in Mitteilungen des "Muslimischen Lehrervereins Wien" - zurückgewiesen. Laut dem Verein ist der Lehrer verzweifelt und fühlt sich verfolgt. Denn die Listen sollen von den Schülern verteilt worden sein. Er selbst habe dieses Thema im Unterricht nicht erörtert.

Von den Schülern seien, hieß es in einer "abschließenden Erklärung" des Lehrers, während des Unterrichts Seiten im Internet besucht worden, "die solche unsinnigen und unvertretbaren Aufrufe zum Inhalt hatten". Diese seien auch ausgedruckt worden. Er habe diese Vorfälle schon vor den Semesterferien ausdrücklich bedauert und deswegen auch um Entschuldigung gebeten. "Jede Form von Rassismus und Antisemitismus widerspricht der Ethik des Islam und meinen eigenen ethischen Prinzipien", betonte der Lehrer.

Dienstverhältnis gelöst

Das Dienstverhältnis zwischen IG und dem Betroffenen wurde am Freitag jedenfalls gelöst - einvernehmlich, wie die Sprecherin der Glaubensgemeinschaft, Carla Amina Baghajati, im Gespräch mit der APA betonte. Das bedeute aber nicht, dass der Fall nicht mehr weiter untersucht werde. Dieser solle "möglichst lückenlos" aufgeklärt werden, hieß es. Und auch wenn Schüler solche Flugblätter mitgebracht hätten, wäre es Aufgabe des Lehrers gewesen, sich damit im Unterricht kritisch auseinanderzusetzen, fügte Baghajati hinzu. Der Lehrer selbst betonte, dass das Dienstverhältnis gelöst worden sei, "um weiteren Schaden abzuwenden".

Isamische Religionslehrer wollen Gewerkschaft

Unterdessen haben islamische Religionslehrer angekündigt, eine Gewerkschaft gründen zu wollen. Damit sollen Pädagogen besser ihre Rechte gegenüber der Islamischen Glaubensgemeinschaft und deren Schulamt wahrnehmen zu können. Die Bestrebungen zur Gewerkschaftsgründung kommen vom kürzlich ins Leben gerufenen "Islamlehrerkomitee", dem Pädagogen in Wien und Niederösterreich angehören.

(APA/Red.)

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