Holocaust-Leugnung: Williamson und das achte Gebot

Bishop Richard Williamson
Bishop Richard Williamson(c) REUTERS (STR)
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„Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten.“ Argentinien konnte den Bischof nur ausweisen, weil er der Einwanderungsbehörde gegenüber falsche Angaben gemacht hatte.

Buenos Aires. „Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten.“ Weil Richard Williamson das achte Gebot (geläufig unter „Du sollst nicht lügen“) missachtete, muss er nun seine Koffer packen. Argentiniens Regierung hat am Donnerstag dem umstrittenen Geistlichen zehn Tage gegeben, das Land zu verlassen.

Der Bischof der ultrakonservativen Piusbruderschaft, der in einem TV-Interview die Existenz von Gaskammern in den NS-Konzentrationslagern leugnete, hatte seit 2003 in Argentinien gelebt, seit 2008 sogar mit einer permanenten Aufenthaltserlaubnis.

Diese wurde nun widerrufen, weil Williamson bei seiner ersten Einreise falsche Angaben über sein Beschäftigungsverhältnis gemacht und diese Daten auch während der regelmäßigen Visumsverlängerung nicht korrigiert hatte. Der Bischof firmierte gegenüber den Behörden als Verwaltungsangestellter eines religiösen Vereins namens „La Tradición“, obwohl er seit Anbeginn ein Priesterseminar in der Gemeinde La Reja leitete, die etwa 35 Kilometer westlich der Hauptstadt Buenos Aires liegt.

Der Beschluss wurde von den jüdischen Vereinigungen Argentiniens lebhaft begrüßt. Prominente Mitglieder der jüdischen Gemeinde wie Rabbiner Daniel Goldman hatten Williamsons Ausweisung verlangt, seit ruchbar geworden war, dass sich der Gaskammern-Leugner in Argentinien aufhält.

Zweitgrößte jüdische Gemeinde

Die jüdische Gemeinde von Buenos Aires ist mit 250.000 Mitgliedern die zweitgrößte außerhalb Israels, nur in New York leben mehr Juden. Weil aber die Leugnung des Holocausts in Argentinien nicht strafbar ist, konnten die Behörden dem Drängen der jüdischen Gemeinschaft nicht sofort nachkommen. Nun, nach wochenlanger Suche, fanden sie in den Archiven der Einwanderungsbehörde den Auslöser für den Schleudersitz.

Die nationale Anti-Diskriminierungsbehörde nimmt die Causa zum Anlass, ein Gesetz zu fordern, das die Leugnung des Holocaust ebenso unter Strafe stellt wie die des Völkermords an den Armeniern und der Verbrechen der argentinischen Militärdikatatur.

Obwohl sie persönlich in der Sache nicht öffentlich auftrat, gehen alle Beobachter davon aus, dass die Ausweisung mit dem Segen der Präsidentin geschah. Cristina Fernández de Kirchner pflegt ein exzellentes Verhältnis zur jüdischen Gemeinde und ist andererseits mehrfach mit der konservativen Führung der katholischen Kirche zusammengekracht. Dabei kritisierte sie die zwielichtige Rolle der Amtskirche in der argentinischen Militärdiktadur von 1976 bis 1983. Erst unter der Amtszeit ihres Gatten Néstor wurde katholischen Geistlichen der Prozess gemacht, weil sie in den Folterlagern der Militärs selbst Hand anlegten.

Mit ihrer Haltung stellten sich die Kirchners gegen eine antisemitische Tradition der peronistischen Partei, deren Gründer Juan Domingo Peron einst hunderten nationalsozialistischen Kriegsverbrechern in seinem Land Unterschlupf geboten hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

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