Die Angst vor dem "Gegenpapst" Benedikt

Hat der emeritierte Papst durch eine geänderte Textpassage versucht, Einfluss auf die Politik des Vatikans zu nehmen?
Hat der emeritierte Papst durch eine geänderte Textpassage versucht, Einfluss auf die Politik des Vatikans zu nehmen?(c) REUTERS
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Eine geänderte Textpassage in Benedikts Buch sorgt für Diskussionsstoff. Ratzinger solle wieder in den Kardinalsrang zurücktreten, fordert ein Theologe.

Benedikt und Franziskus. Zwei Päpste wohnen derzeit im Vatikan. Auch wenn der eine davon schon emeritiert ist, er trägt immer noch das weiße Amtsgewand. Die Rolle des zurückgetretenen Benedikts sorgt in den letzten Tagen für Verwirrung im Vatikan. Bei seinem Rücktritt im Februar 2013 hatte er angekündigt, sich nicht in die Geschäfte seines Nachfolgers einzumischen. Nach einer geänderten Textpassage, die überarbeitet veröffentlicht wurden, gibt es Vorwürfe, er sei ein "Gegenpapst.

Der deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf plädiert für eine eindeutigere Unterscheidung zwischen Papst und Papst emeritus. Es gebe "seit längerem" Befürchtungen, "um Franziskus und Benedikt XVI. könnten zwei konkurrierende Machtzentren an der Kurie entstehen, mit Papst und Gegenpapst an ihrer Spitze", schreibt der Theologe in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag) laut Kathpress.

Historische Rücktritte: Wieder Kardinal

Dabei könnte eine Orientierung an kirchengeschichtlichen Vorbildern "alle möglichen Missverständnisse" und "jede Rede von einem Gegenpapst" vermeiden, so der in Münster (Westfalen) lehrende Wolf in seinem Gastbeitrag: Als Papst Gregor XII. im Jahr 1415 zurücktrat, sei er wieder Mitglied im Kardinalskollegium geworden und habe die weißen Papstgewänder gegen den Kardinalspurpur getauscht.

Gregor sei nach dem Konzil 1415 auch nicht mehr mit "Heiligkeit" angesprochen worden, so Wolf weiter. Er sei wie die Kardinäle mit "Eminenz" angesprochen worden. Der entsprechende Titel", so der Wissenschafter, könnte statt "emeritierter Papst" passender "emeritierter Kardinalbischof" lauten. Damit, so argumentiert der Kirchenhistoriker, seien im Falle Gregors XII. "alle Missverständnisse im Hinblick auf seinen Status ausgeräumt" gewesen: "Er hatte das Petrusamt abgelegt und war zurück ins Glied des Kardinalskollegiums getreten."

Dieses Modell sei beim Rücktritt des bisher letzten Gegenpapstes, Felix V. im Jahr 1449, "noch einmal erfolgreich praktiziert" worden. Der "Amtszeit und Amtstätigkeit Benedikts XVI. (2005-13) als Papst" würde ein ähnliches Vorgehen laut Wolf "genauso wenig Abbruch" tun wie der von Gregor XII.

Geänderte Textvarianten

Momentan ist es der vierte Band der Gesammelten Werke Joseph Ratzingers, der für Diskussionen sorgt. Darin hat er entscheidende Passagen in einem Text zu wiederverheiratet Geschiedenen verändert, der ursprünglich aus dem Jahr 1972 stammt. Mit dieser Veröffentlichung, schreibt Wolf, positioniere sich der frühere Papst "eindeutig in der aktuellen Debatte, was eigentlich nicht dem Anspruch entspricht, sich aus der Öffentlichkeit herauszuhalten".

Vor der Bischofssynode zum Thema Familie im Oktober hatte Papst Franziskus zu einem "barmherzigeren" Umgang der Kirche u.a. mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen aufgerufen. Die Synode ging ohne Einigung in diesen Punkte zu Ende. Ex-Papst Benedikt hatte laut der italienischen Zeitung "La Repubblica" Versuche konservativer Geistlicher abgewiesen, Einfluss auf die Sondersynode zu nehmen.

(APA)

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