Grazer Bischof Kapellari geht: Lautes Aus eines Leisen

Steirischer Diözesanbischof Kapellari tritt zurück
Steirischer Diözesanbischof Kapellari tritt zurück APA/MARKUS LEODOLTER
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Der lange Brief zum langen Abschied: Der Grazer Bischof Egon Kapellari setzt mit seinem am Samstag veröffentlichten Schreiben nach vier Jahren des Wartens auf einen Nachfolger Rom unter Druck. Ein bemerkenswerter Schritt.

Egon Kapellari ist so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was man einen Mann mit fehlender Geduld, einen Mann rascher, voreiliger Entschlüsse oder gar unüberlegter Worte bezeichnen kann. Der Grazer Diözesanbischof, der seit wenigen Tagen im 80. Lebensjahr steht, hat über Formulierungen seines Hirtenbriefes, den er am Samstag an alle Pfarren der Steiermark versenden ließ, und der heute verlesen werden soll, gewiss stunden-, wenn nicht tagelang gegrübelt und gefeilt. Sein Schritt hat nicht viele Vorbilder. Er ist bemerkenswert. Kapellari tritt nach knapp mehr als vierjährigem erfolglosen Warten auf seine altersbedingte Abberufung und auf einen Nachfolger an der Spitze der Diözese ab. Und wartet nicht mehr auf eine Entscheidung aus Rom.


Dass auch ein gerüttelt Maß an Unverständnis und sogar Verärgerung über das allzu lange Zögern des Vatikans mitschwingt, würde nach Kardinal Christoph Schönborn der (faktisch, nicht formal) wichtigste Amtsträger der katholischen Kirche Österreichs nie öffentlich sagen. Dass es stimmt, davon kann getrost ausgegangen werden.

Warten auf Nachfolger. Noch am Freitagabend in Wien, im Stephansdom, beim Benefizkonzert aus Anlass des 70. Geburtstags Schönborns, ahnte niemand, dass Laudator Kapellari zum letzten Mal als amtierender Diözesanbischof im Herzen Wiens aufgetreten war. Der Jubilar selbst wusste vom Vorhaben seines Stellvertreters an der Spitze der Bischofskonferenz natürlich. Genauso wie die Bischofskongregation im Vatikan. Die sich nun unversehens und vor aller Augen unter Druck gesetzt sieht. Formal muss natürlich, selbst unter dem Regime des unorthodoxen Franziskus dem Kirchenrecht genüge getan werden. In den nächsten Tagen ist der Bescheid des santa sede zu erwarten, der die Unterschrift des Nachfolgers Petri zieren und das Rücktrittsgesuch Kapellaris annehmen wird.


So gestaltet sich die Nachfolge Kapellaris unrunder, als zu erwarten war. Denn danach hat das Domkapitel einen Diözesanadministrator zu wählen. Der hat bis zur Bestellung des neuen Bischofs die Geschäfte zu führen. Ihm sind dabei enge Grenzen gesetzt, er darf keine Entscheidung von Tragweite fällen, die den Neuen präjudizieren könnten. Die Wahl im Domkapitel scheint ausgemachte Sache: An Heinrich Schnuderl dürfte kein Weg vorbei führen. Er kennt die Diözese wie kaum ein anderer, immerhin leitete er schon bisher als Generalvikar, als rechte Hand des Bischofs, das Tagesgeschäft. Die Pikanterie dabei: Schnuderl selbst gilt als episkopal, für manche wäre er logischer Nachfolger Kapellaris – gewesen, vor vier Jahren, als die Entscheidung angestanden wäre. Mittlerweile kommt der beliebte Seelsorger, der sich auch in Zeiten kirchenpolitischen Gegenwinds nicht nur in Lippenbekenntnissen dem Reformgeist des Zweiten Vatikanischen Konzils verpflichtet wusste, mit 71 Jahren nur als Übergangskandidat in Frage.
Die Gründe, weshalb es der Vatikan nicht schafft, in vier Jahren einen Nachfolger für eine wichtige, aber im Grunde relativ unproblematische, gut geführte mitteleuropäische Diözese zu finden, liegen im Dunkeln.

Verschwörungstheorien machen die Runde. Als römisches Ruhmesblatt wird er jedenfalls nicht eingehen, der Fall Graz.

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