Abspaltung bei Kirchenreformern

(c) Clemens Fabry
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Der frühere Chef von "Wir sind Kirche" geht und gründet eine eigene Gruppierung. Grund: das Bleiben seiner Nachfolgerin Heizer, die exkommuniziert ist.

Wien. „Die bloße Provokation führt zu keinem Dialog. Ohne Dialog wird es aber nicht gehen.“ Hans Peter Hurka, der langjährige frühere Vorsitzende der reformorientierten Plattform „Wir sind Kirche“, kann seine Enttäuschung im Gespräch mit der „Presse“ nicht verbergen. Und er kündigt gleichzeitig auch seinen formellen Austritt aus dem Verein „Wir sind Kirche“ an.

Enttäuscht ist Hurka über seine Nachfolgerin an der Spitze der Bewegung, Martha Heizer. Die pensionierte Tiroler Religionspädagogin muss sich als in aller Form exkommuniziert betrachten – und bleibt dennoch, freilich gestützt auf ein klares Votum der Mitgliederversammlung, im Amt. Obwohl sie ihr Diözesanbischof Manfred Scheuer (schweren Herzens) in einem persönlichen Gespräch als exkommuniziert bezeichnet hat.

Der Grund für den ungewöhnlichen Schritt des Bischofs, der selbst Reformen in der katholischen Kirche offen gegenübersteht: Heizer hat in einem kleinen, privaten Rahmen mehrfach ohne Priester Eucharistiefeiern simuliert, wie es laut Kirchenrecht so unschön heißt. Und sie hat dem Bischof und auch öffentlich angekündigt, von dieser Praxis weiterhin nicht Abstand nehmen zu wollen.

„Reform, nicht Spaltung“

Hurka geht diese Praxis aber entschieden zu weit. Realistischerweise sei ein Dialog mit der katholischen Kirchenleitung, den Bischöfen, über Reformen nicht möglich, wenn die Vorsitzende der Bewegung exkommuniziert sei. Diese Reformen der Kirche und deren Praxis in der Seelsorge (Stichwort Umgang mit Geschiedenen, die zivilrechtlich wieder geheiratet haben) dürften keinesfalls erzwungen, sondern sollten durch die Kraft des Arguments, durch Überzeugung erreicht werden, so Hurka.

Er hat daher jetzt das „Netzwerk: zeitgemäß glauben“ gegründet. Ziel dieser Gruppierung sei „Kirchenreform, nicht Kirchenspaltung“, wie er programmatisch formuliert. Ausdrücklich weist Hurka darauf hin, dass sich die Teilnehmer nicht in Konkurrenz, sondern in Ergänzung zu den bereits bestehenden Reformgruppen sehen wollen. Daher seien einige der Mitglieder aus der Plattform „Wir sind Kirche“ ausgetreten, andere wiederum nicht. Man wolle offen für alle sein.

Bewegte Geschichte

Die Plattform „Wir sind Kirche“ hat eine bewegte Geschichte. Sie ist nach dem Bekanntwerden von Berichten über sexuelle Übergriffe auf Zöglinge durch den späteren Wiener Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groër entstanden. Die Plattform hat im Jahr 1995 das Kirchenvolksbegehren initiiert, das sich für Reformen (gegen Zölibat, für Diakoninnen) ausgesprochen und dadurch jahrelang in der österreichischen katholischen Kirche für heftigste Auseinandersetzungen gesorgt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2015)

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