Bischof Freistetter: Militäraktionen können legitim sein

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Der 61-jährige gebürtige Linzer Werner Freistetter ist am Donnerstag im Wiener Neustädter Dom zum Militärbischof geweiht worden. Er leitet die Seelsorge für Soldaten, Heeresbedienstete samt Familien, insgesamt 100.000 Katholiken.

Die Presse: Weshalb braucht es für das Bundesheer einen eigenen Bischof?

Werner Freistetter: Dass es eine Organisation wie die Militärordinariate gibt, ist erst neueren Datums. Johannes Paul II. hat die Militär-Generalvikariate umgewandelt. Die Militärseelsorge ist neben der Krankenseelsorge eine sehr alte Seelsorge.



Es geht nicht um Seelsorge für Soldaten. Es gibt ja auch eine Seelsorge für Polizisten, die keinen eigenen Bischof haben.

1987 wurde das eingeführt. Johannes Paul II. hat eine besondere Notwendigkeit gesehen, für Soldaten eine flexible, selbstständige, den Erfordernissen ihres Dienstes Rechnung tragende seelsorgliche Organisation zu schaffen.

Es gibt Pfarrzusammenlegungen, und Sie betreuen ein Zehntel der Katholikenzahl der Erzdiözese Wien oder die Hälfte der kleinsten territorialen Diözese. Wieso wurde nicht überlegt, Ressourcen zu bündeln?

Der Wunsch, der vom Heiligen Stuhl gekommen ist, war der eigene Militärbischof.

Gab es auch andere Überlegungen?

Ja natürlich. Es ging darum, ein besonderes Zeichen kirchlicher Nähe zu sehen, dass der Beruf des Soldaten vieles mit sich bringt, was es in einer zivilen Diözese nicht gibt.


Zwischen Militär und der Bergpredigt – Stichwort ,Selig, die Frieden stiften‘ – besteht ein großes Spannungsfeld.

Selbstverständlich ist der Friedensauftrag und der Auftrag für eine gewaltfreie Form der Konfliktaustragung ein Auftrag, der aus der Gesamtbotschaft Jesu hervorgeht. Eine andere Frage ist: Wie gehe ich damit um, wenn Menschen bedroht sind? Wie schütze ich sie vor ungerechter Gewalt? Das wurde im Zusammenhang mit dem Jugoslawien-Krieg diskutiert. Da hat Johannes Paul II. einen Satz geprägt: Es ist legitim, den Aggressor zu entwaffnen. Das muss an strenge Kriterien gebunden sein. Aber als äußerstes Mittel halte ich es für legitim, weil es um den Schutz von Menschen geht. Ich kenne alle Probleme, die es bei humanitären Einsätzen gibt, den Missbrauch, die vorgeschobenen Gründe. Ich muss aber anerkennen, dass es Situationen geben kann, in denen ein Eingreifen moralisch und auch völkerrechtlich legitim, vielleicht sogar geboten sein kann.



Die ÖVP spricht sich im neuen Programm für eine Europa-Armee aus. Können Sie dem etwas abgewinnen?

Die Frage hängt mit einer weiteren politischen Integration zusammen. Ich kann es mir in der gegenwärtigen Situation nicht vorstellen.


Haben Sie schon eine Kaserne besucht, in der Flüchtlinge untergebracht sind?

Nein.


Weshalb nicht?

Ich bin noch nicht dazu gekommen. Als Bischof wird das vielleicht anders sein.


Was halten Sie davon, Kasernen zu öffnen?

Ich halte die Unterbringung in Zelten oder Kasernen für einen Notbehelf. Das kann keine dauerhafte Lösung sein. Die Kirche hat ein Problem, das ich von Diskussionen kenne, weil sich viele wünschen, die Kirche möge Stellung nehmen in der Abwehr von Ausländern und Flüchtlingen. Es geht darum, selbstverständlich den Beitrag, den Kirche in der Hilfe leisten kann, zu leisten, aber in einer Weise zu sprechen, die nicht über Sorgen und Ängste von Menschen hinwegfährt. Das Thema ist emotional sehr aufgeladen.


Haben Sie einen Lösungsansatz im Umgang der katholischen Kirche mit Geschiedenen, die zivilrechtlich noch einmal geheiratet haben?

Ich hoffe sehr, dass wir bei der Bischofssynode im Herbst eine gesamtkirchliche Lösung finden, die unabhängig ist von einem nur subjektiven Gerechtigkeitsempfinden.


Was ändert die Bischofsweihe für Sie persönlich? Wird da nicht auch eine große Last auf Ihre Schultern gelegt?

Was ich als Verantwortung sehe, ist die Aufgabe, heute den Menschen zu helfen, Kirche leben zu können. Das ist die Herausforderung, und wenn Sie wollen die Last des Amtes – Last, gleichzeitig Berufung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2015)

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