Papst fordert in Kuba Frieden und Aussöhnung

Papst Franziskus in Kuba
Papst Franziskus in KubaReuters
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Die Annäherung zwischen Kuba und den USA könne zum "Vorbild der Aussöhnung für die gesamte Welt" werden, sagt das Kirchenoberhaupt nach seiner Ankunft in Kuba.

Papst Franziskus hat bei seinem Besuch im kommunistischen Kuba vor einer Ideologiegetriebenen Politik gewarnt. Vor Hunderttausenden Menschen betonte Franziskus am Sonntag in seiner Predigt auf dem Revolutionsplatz in Havanna, der Dienst am Menschen dürfe niemals ideologisch sein.

"Denn man dient nicht Ideen, sondern man dient den Menschen", sagte er. Zuvor hatte er bereits auf mehr religiöse Freiheiten in dem Karibikstaat gepocht.

In seiner Predigt wandte er sich zudem gegen die Bevorzugung einiger weniger Privilegierter. Christen seien aufgefordert, "im konkreten Blick auf die Schwächsten ihr Suchen, ihr Streben und ihre Sehnsucht nach Allmacht auszublenden", sagte der 78 Jahre alte Argentinier. Der Horizont Jesu umfasse nicht "nur einige wenige Privilegierte". Er warnte davor, eine "Dynamik der Ausschließung" zu schaffen.

Frieden in Kolumbien

Papst Franziskus warnte außerdem vor einem erneuten Platzen der Friedens-Verhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC-Rebellen. "Wir sind nicht berechtigt, uns ein weiteres Scheitern auf diesem Weg des Friedens und der Versöhnung zu erlauben", sagte er nach seiner Messe in der kubanischen Hauptstadt, wo beide Parteien seit 2012 über eine Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts verhandeln.

Der gegenwärtige Moment sei von "entscheidender Bedeutung", mahnte das Kirchenoberhaupt. "Möge das Blut Tausender Unschuldiger, das während so vieler Jahrzehnte des bewaffneten Konflikts vergossen wurde (...) alle Anstrengungen unterstützen, die jetzt unternommen werden für eine endgültige Versöhnung", forderte Franziskus. Ein "dauerhafter Frieden" in dem Andenstaat sei notwendig und wichtig. Die FAR -Rebellen hatten den Papst vor seiner Reise nach Kuba um ein Treffen gebeten, dies hatte der Vatikan jedoch abgelehnt.

Schnappschuss am Flughafen
Schnappschuss am FlughafenReuters

Annäherung an die USA

In einer Ansprache rief das Oberhaupt der katholischen Kirche auch zur weiteren Annäherung an die USA auf und forderte Freiheit für die Arbeit der Kirche in dem kommunistischen Inselstaat. Der 78-jährige Argentinier ist der dritte Papst in 17 Jahren, der Kuba besucht. Am Flughafen der Hauptstadt Havanna wurde Franziskus von Staatschef Raul Castro und Erzbischof Jaime Ortega begrüßt. Eine Gruppe von Kindern überreichte dem Papst Blumen. Dieser absolvierte die Begrüßung ohne seine Kopfbedeckung, die der Wind fortwehte. Entlang der Straße in die Stadt hinein, an der riesige Transparente mit dem Konterfei des Papsts hingen, waren tausende Menschen versammelt, um Franziskus willkommen zu heißen.

Der Papst versprach, die Kirche werde "das kubanische Volk mit seinen Hoffnungen und Sorgen weiterhin unterstützen". Dazu müsse sie "in Freiheit" wirken können. Im Hinblick auf die jüngste Annäherung zwischen Kuba und den USA rief Franziskus dazu auf, "den Weg fortzusetzen" und zum "Vorbild der Aussöhnung für die gesamte Welt" zu werden. Im Flugzeug hatte der Papst zuvor gesagt, die Welt dürste nach Frieden. Jeder müsse "kleine Brücken bauen, um die große Friedensbrücke zu errichten".

Castro beklagt "große Entbehrungen"

Raul Castro bezeichnete das seit mehr als fünf Jahrzehnten bestehende US-Handelsembargo gegen den Karibikstaat als grausam und forderte dessen rasche Aufhebung. "Die Blockade verursacht große Entbehrungen für die kubanischen Familien, ist grausam, unmoralisch und illegal", sagte er bei der Begrüßung des Papstes. Die auch auf Vermittlung des Vatikans erfolgte Annäherung und Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit den USA könne nur "ein erster Schritt sein". Auch die US-Militärbasis in Guantanamo müsse an Kuba zurückgegeben werden. Franziskus danke er für dessen Einsatz bei der Überwindung der diplomatischen Eiszeit, so Castro.

Am Sonntag will der Papst eine Messe auf dem großen Platz der Revolution in Havanna feiern, der von einer riesigen Skulptur des Revolutionshelden Che Guevara überragt wird. Der Platz wurde mit Flaggen Kubas und des Vatikans geschmückt. Nach dem Gottesdienst ist eine Begegnung mit Staatschef Castro geplant. Möglicherweise wird der Papst auch den Revolutionsführer und früheren Staatschef Fidel Castro treffen. Der Vatikan kündigte dies als "wahrscheinlich" an.

Auf dem Programm stehen neben Havanna auch Besuche in Holguin und Santiago. Vor Franziskus besuchten bereits die Päpste Johannes Paul II. im Jahr 1998 und Benedikt XVI. im Jahr 2012 Kuba. Am Dienstag reist der Papst weiter in die USA, wo ihn Präsident Barack Obama empfangen wird. Kuba und die USA, jahrzehntelang Erzfeinde, hatten am 20. Juli wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Für Franziskus ist es jeweils der erste Besuch in Kuba und in den USA. Kurz vor der Abreise verbreitete der Vatikan ein Video, auf dem ein Gespräch zwischen Franziskus und jeweils fünf Schülern aus Havanna und New York aufgezeichnet war. Das Gespräch wurde mithilfe von Satellitenübertragungen ermöglicht. Der Papst sprach den Jugendlichen im Umgang mit den "täglichen Schwierigkeiten" Mut zu und ermunterte sie zur wechselseitigen "Hilfe und Unterstützung auf dem Weg durch das Leben".

Castro und Obama telefonierten erneut

Raul Castro und Obama hatten am Freitag telefonisch über eine weitere Annäherung zwischen ihren beiden Ländern gesprochen. Wie das kubanische Außenministerium mitteilte, betonte Castro die "Notwendigkeit", die "Reichweite" der Lockerungen der US-Beschränkungen gegenüber Kuba zu vergrößern. Das im Jahr 1962 verhängte US-Embargo gegen Kuba müsse vollständig aufgehoben werden. Das Weiße Haus erklärte, in dem Gespräch sei es um Wege gegangen, "die bilaterale Zusammenarbeit voranzutreiben".

Es war das dritte Telefonat der beiden Staatsmänner seit Ende vergangenen Jahres. Nach ihrem ersten Telefonat hatten sie am 17. Dezember die Annäherung ihrer beiden Länder verkündet. Dem Gespräch vom Freitag waren weitere Lockerungen von Handels- und Reisebeschränkungen der USA für Kuba vorangegangen. So wurden Geldüberweisungen aus den USA nach Kuba erleichtert. Befugte US-Vertreter dürfen in Kuba künftig etwa Bankkonten eröffnen und Gemeinschaftsunternehmen mit kubanischen Firmen gründen.

(APA/AFP/dpa)

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