Schönborn erhöht Druck in Richtung Pfarrfusionen

Archivbild: Kardial Christoph Schönborn
Archivbild: Kardial Christoph SchönbornREUTERS
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Nun steht die Zahl fest: Acht von zehn Pfarren der Erzdiözese Wien werden schon bald zu existieren aufhören – und in einer der 140 „Pfarren Neu“ aufgehen.

Wien. Aus 653 werden 140: So lautet der Auftrag von Kardial Christoph Schönborn an die Pfarren seiner Erzdiözese Wien, die tief nach Niederösterreich reicht. Mit 1. Adventsonntag, dem Beginn des Kirchenjahres, definiert er per Dekret 140 „Entwicklungsräume“, die späteren Gebiete der „Pfarre Neu“.

Bis zum Jahr 2023 sollen 80 Prozent zu den größeren Einheiten fusioniert sein. Im ersten Wiener Bezirk wird es beispielsweise statt fünf nur noch eine Pfarre geben. Und die Führung der Erzdiözese erwägt für Unwillige ein Ultimatum – ohne es so scharf zu formulieren: Bis Anfang 2019 erfolgen die Zusammenschlüsse „nur auf freiwilliges Betreiben“, wie es in einem Papier heißt. Was folgt danach? Die Antwort von Nikolaus Krasa, als Generalvikar die rechte Hand des Erzbischofs, auf die Frage bei einem Hintergrundgespräch, ob es danach den Zwang zur Fusion geben wird: „Auf gut Wienerisch gesagt, schau' ma mal. Ich lasse es offen.“

In einem Hirtenbrief an alle Pfarren wirbt der Kardinal für das Vorhaben. Alles Tun solle an der „missionarischen Dimension der Kirche“ ausgerichtet werden. Sein Generalvikar räumt ein, dass der neue Papst dem Vorhaben Rückenwind gegeben habe. Franziskus wendet sich gegen eine Kirche um ihrer selbst willen, sie müsse für die Menschen da sein. Und dies, so Wiens Diözesanführung, sei nur in den neuen Strukturen möglich. Karas spricht von „unaufschiebbarer kirchlicher Erneuerung“.

Priestermangel?

Die Reform ist nicht (nur) dem Priestermangel geschuldet. Natürlich ist die Zahl der Kleriker in den vergangenen Jahrzehnten sukzessive zurückgegangen, die der neu Geweihten besonders stark. Aber: Auch die Zahl der Katholiken geht deutlich zurück. Daraus ergibt sich der Effekt, dass die Zahl der Katholiken, die ein Priester zu betreuen hat, seit 20 Jahren bei 1800 pendelt.

Gleichzeitig hat sich die Zahl der priesterlichen Einsätze bei Taufe, Trauung oder Begräbnis deutlich verringert. Ein Beispiel: 1988 gab es jährlich im Durchschnitt neun Trauungen pro Pfarre, 2013 waren es nur noch drei. Oder: Aus 33 katholischen Begräbnisse wurden derer 19. So viel zum Thema Priestermangel. Was Pfarrer aber zumindest gleich bleibend belastet – und von der eigentlichen Aufgabe als Seelsorger abhält – sind Verwaltungsaufgaben (Finanzen, Immobilien, . . .) und eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Sitzungen. Für beide Problemfelder sollen die Fusionen durch eine Zentralisierung Abhilfe schaffen.

Darüber hinaus werden in den neuen Einheiten drei bis fünf Priester eingesetzt sein, die im Idealfall auch unter einem Dach leben. Das Leben alleine in Pfarrhöfen macht nicht wenigen Priestern Probleme. Da der Kirche nichts Menschliches fremd ist, wurden auch Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, dass sich bisherige Pfarrer (in der „Pfarre Neu“ kann es ja nur einen Pfarrer geben) nicht degradiert fühlen: Die Bezahlung bleibt gleich, und es wird für sie ein Amt erfunden, das des Pfarr-Vikars.

Im Folgenden die Links zu den Entwicklungsräumen:

(D:N:)

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