Papst Franziskus und die Arroganz der Männer

Pope Francis waters a plant next to Kenya's President Uhuru Kenyatta during a ceremony at the State House in Kenya's capital Nairobi
Pope Francis waters a plant next to Kenya's President Uhuru Kenyatta during a ceremony at the State House in Kenya's capital NairobiREUTERS
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Der Papst ruft die Weltreligionen zur Terrorabwehr auf. Der Name Gottes dürfe niemals missbraucht werden, um Hass und Gewalt zu rechtfertigen.

Nairobi/Wien. Der graue Honda Ballade war das Tagesgespräch in Kenia. Jenes in Afrika typische Mittelstandsauto, mit dem sich der weiße Mann, ganz in Weiß gekleidet, bei seinem Besuch chauffieren ließ. Grau war auch der verregnete Himmel über Nairobi, als Papst Franziskus auf dem Universitätscampus vor Zehntausenden die erste große Messe seines ersten Besuchs auf dem Kontinent zelebrierte.

Rund 10.000 Polizisten sind abkommandiert, um die Sicherheit des hohen Gastes zu sichern und die öffentliche Ordnung zu sichern. In der Italienisch gehaltenen und ins Englische übersetzten Predigt forderte er dazu auf – offenbar mit Blick auf die in Kenia verbreitete weibliche Genitalverstümmelung – sich Bräuchen zu widersetzen, „die die Arroganz unter den Männern begünstigen, die die Frauen verletzen oder verachten und das Leben der unschuldigen Ungeborenen bedrohen“.

Gleichzeitig stimmte er, wie oft in seinem Pontifikat, ein Loblied auf die Familie an.

Wüsten des Egoismus

Die Gesellschaft erlebe die Ausbreitung „neuer Wüsten, die durch eine Kultur des Egoismus und der Gleichgültigkeit gegenüber den anderen gebildet werden“, wie das Oberhaupt von über einer Milliarde Katholiken erklärt hat. Demgegenüber sei der Zusammenhalt von Familien der zentrale Wert für die Gesellschaft. Franziskus: „Die Gesundheit jeder Gesellschaft hängt von der Gesundheit der Familien ab.“ Gleichzeitig verwies der Papst in Kenia, wo sich ein Drittel zur katholischen Kirche bekennt, auf Jesus Christus, der der einzige tragende Fels sei. Und, sehr dezidiert: „Außer ihm gibt es niemanden.“

Vor dieser Messfeier hatte Franziskus bei einem interreligiösen Treffen in der Botschaft des Papstes die Religionen zur gemeinsamen Abwehr von Extremismus und Terror aufgerufen. „Allzu häufig werden Jugendliche im Namen der Religion zu Extremisten gemacht, um Zwietracht und Angst zu säen und das Gefüge unserer Gesellschaften zu zerstören“, sagte er. Der Name Gottes, den alle monotheistischen Religionen als einen Gott des Friedens verehren, dürfe niemals missbraucht werden, um Hass und Gewalt zu rechtfertigen, so Franziskus vor Vertretern des Islam, anderer christlicher Konfessionen sowie animistischer Glaubensrichtungen.

„Propheten des Friedens“

Der Papst nahm Bezug auf die Massaker im Westgate-Einkaufszentrum Nairobis vom September 2013, an der Universität Garissa im heurigen April und in der Arbeiterunterkunft in Mandera im Juli. Dabei hatten jihadistische Terrorkommandos gezielt Christen erschossen und mehr als 200 Menschen umgebracht. Gegen derartige Verbrechen müssten alle Religionsvertreter als Propheten des Friedens aufstehen und zu einem Leben in Eintracht und gegenseitiger Achtung auffordern. Die Religionen sind nach den Worten des Papstes Quelle der Weisheit und Solidarität, brauchten aber gegenseitiges Verstehen, um als Freunde für das Gemeinwohl in pluralistischen Gesellschaften zu kämpfen.

Heute, Freitag, reist Franziskus für eineinhalb Tage in das Nachbarland Uganda weiter. Ob der für Sonntag und Montag vorgesehene Besuch in der Zentralafrikanischen Republik stattfinden kann, hängt von der Sicherheitslage in der Hauptstadt Bangui ab. Das Land ist Schauplatz eines blutigen Konflikts zwischen Christen und Muslimen. (red./kap)

AUF EINEN BLICK

Premiere. Franziskus besucht bis Montag erstmals Afrika. Zielländer sind Kenia, Uganda und die Zentralafrikanische Republik. Es ist seine elfte Auslands- und sechste Interkontinentalreise. Alle drei Länder sind mit massiven Flüchtlingsproblemen konfrontiert, sie beherbergen riesige Flüchtlingscamps. Zuletzt hatte Johannes Paul II. diese Länder besucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2015)

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