Muslime gaben sich neue Verfassung

Fuat Sanaç, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ).
Fuat Sanaç, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ).(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

In den kommenden Tagen soll das Papier zur Prüfung an das Kultusamt gehen. Die Initiative Muslimischer Österreicher sieht eine Privilegierung großer Verbände.

Wien. „Es war eine lange Arbeit“, sagt Fuat Sanaç. „Und am Ende hat der Schurarat die neue Verfassung beschlossen.“ Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) spricht von jener Verfassung, die sich die Vertretung der Muslime geben musste, weil durch das im Frühjahr beschlossene Islamgesetz einige Änderungen notwendig wurden. Eine der entscheidendsten Änderungen ist die vorgeschriebene Auflösung sämtlicher Vereine, die sich der Verbreitung der religiösen Lehre widmen.

Stattdessen soll es in der IGGiÖ künftig sogenannte Kultusgemeinden geben, wie es im Islamgesetz gefordert wird. Diese werden nun allerdings nicht nach territorialen Kriterien gebildet, sondern sind auf die großen Dachverbände zugeschnitten. Sie werden die Kultusgemeinden bilden – denn nur sie haben die notwendigen Voraussetzungen, die dafür notwendig sind, nämlich zehn Moscheen, 1000 Mitglieder und drei Jahre Bestand. Das betrifft vor allem die vier türkischen Verbände Atib, Islamische Föderation, Union türkischer Kulturzentren und Türkische Föderation. Auch die Bosnischen Muslime haben die nötige Stärke.

„Kleine benachteiligt“

Vor allem kleinere und mittlere Verbände, aber auch nicht organisierte Muslime, würden dadurch benachteiligt, sagt Tarafa Baghajati. Der Obmann der Initiative Muslimischer Österreicher (IMÖ) befürchtet, „dass die IGGiÖ dadurch von einer Vertretung der Muslime zu einem Verbindungsbüro der großen Verbände degradiert wird“. Unter anderem auch, weil in der neuen Verfassung keine Klausel mehr vorgesehen ist, die verhindern soll, dass eine ethnische Gruppierung in den Gremien der IGGiÖ eine besondere Dominanz hat. In der bisher gültigen Verfassung gibt es noch eine 50-Prozent-Klausel. Man habe deswegen gegen diese Version der Verfassung gestimmt, doch werde man als IMÖ trotzdem weiter in der Glaubensgemeinschaft mitarbeiten, verspricht Baghajati.

Noch liegt die Verfassung bei den Juristen der IGGiÖ, in den kommenden Tagen soll sie an das Kultusamt übermittelt werden, das sie innerhalb von zwei Monaten prüfen muss. Bis Jahresmitte muss die IGGiÖ ihre Gremien besetzt haben – dies wird allerdings nicht mehr in einer österreichweiten Wahl geschehen. Vielmehr wird innerhalb der Kultusgemeinden gewählt, die dann Vertreter in den Schurarat, das gesetzgebende Organ der IGGiÖ, entsenden. Dort wiederum werden der Oberste Rat und der Präsident gewählt. Ob Sanaç noch einmal als Präsident antritt? „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.