Egon Kapellari: Ein Bischof in der unbequemen Mitte

Bischof Egon Kapellari.
Bischof Egon Kapellari.(c) APA/MARKUS LEODOLTER
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Die Diözese Graz gratuliert ihrem langjährigen früheren Oberhirten mit einem Buch zu dessen 80. Geburtstag am Dienstag.

Graz/Wien. Geburtstage werden von Bischöfen für gewöhnlich ja eher erduldet als gefeiert. Egon Kapellari bildet da keine Ausnahme, wenn er am Dienstag sein 80. Lebensjahr vollendet. Für 33 Jahre war er als Diözesanbischof tätig, zuerst in Kärnten, zuletzt in der Steiermark.

Gerade diese mehr als drei Jahrzehnte haben sich für Österreichs katholische Kirche insgesamt, nun ja, eher turbulent gestaltet. Kapellari war auch während der quälenden Jahre der gerne öffentlich geführten Auseinandersetzungen zwischen Bischöfen als Mann um den Ausgleich bemüht. Als ein Mann der Mitte eben.

„Schritte zur Mitte“ lautet daher auch der Titel des neuen im Verlag Styria erschienenen Buches, mit dem die Diözese Graz ihrem Altbischof gratuliert. Und das am Donnerstag in Graz präsentiert werden wird. Sein direkter Nachfolger, Bischof Wilhelm Krautwaschl, meint im Vorwort der Sammlung von Predigten, Vorträgen und Interviews aus den Jahren 2012 bis Ende 2015, angesichts der Pluralität von Gesellschaft und Kirche sei es „nicht immer leicht, Christus im Blick zu behalten“.

Dass Kapellari mit der Mitte genau diesen Jesus Christus meint, versteht sich für den langjährigen Vize Kardinal Christoph Schönborns an der Spitze der Bischofskonferenz von selbst. Acht Bildtafeln – wie immer bei Büchern des Kunstverständigen sorgfältig ausgewählt – zeigen Christusdarstellungen.

Wie hält es der Islam?

Ein gewisser, auch schon aus früheren Texten bekannter Vorbehalt gegenüber der jüngsten der drei großen monotheistischen Religionen, dem Islam also, kann Kapellari auch diesmal nicht verhehlen. Man fühlt sich ein wenig an die Augsburger Rede Benedikts erinnert, wenn der emeritierte Grazer Bischof für Kritik am Islam ein Zitat heranzieht. Im abgedruckten Referat vom vorjährigen Pfingstdialog „Geist und Gegenwart“ auf Schloss Seggau erwähnt er eine Stellungnahme des früheren britischen Premierministers Tony Blair.

Der meinte 2013, Extremisten gebe es zwar unbestritten in allen Religionen, aber im Kern des Islam sehe er eine Sicht der Religion, die mit einer pluralistischen, freiheitlichen und aufgeschlossenen Gesellschaft unvereinbar sei. Am extremen Ende des Spektrums stünden Terroristen, „doch das Weltbild reicht tiefer, als wir uns das eingestehen wollen“, so Blair. Dem folgt der kurze, aber aufschlussreiche Nachsatz Kapellaris: „Diese Sicht scheint mir plausibel.“ Ziemlich mutig für einen Bischof, dem manchmal vorgehalten wurde, deutliche Worte zu scheuen. (d. n.)

Zum Buch

Egon Kapellari
Schritte zur Mitte
Styria Verlag
208 Seiten, 24, 90 €

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2016)

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