Australien: Kardinal räumt Kindesmissbrauch in Kirche ein

 Kardinal George Pell
Kardinal George PellAPA/AFP/ROSLAN RAHMAN
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Kindesmissbrauch durch Kirchenvertreter wurde lange heruntergespielt, sagt Kardinal George Pell. Er wolle "das Unhaltbare nicht verteidigen".

Der australische Kardinal und Finanzchef des Vatikans, George Pell, hat eingeräumt, dass die katholische Kirche in Australien bei der Aufarbeitung von Fällen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Priester schwere Fehler machte. In einer Videoschaltung mit der australischen Untersuchungskommission sagte Pell am Montag von einem Hotel in Rom aus: "Ich werde nicht verteidigen, was nicht zu verteidigen ist."

Die Kirche habe "enorme Fehler" begangen und arbeite daran, sie in Ordnung zu bringen. Die Kommission befasst sich unter anderem mit Vorwürfen des Missbrauchs durch Priester in der Stadt Ballarat bei Melbourne in den 1970er Jahren. Pell, ehemaliger Erzbischof von Melbourne, später von Sydney, sagte dazu, in vielen Fällen habe die Kirche die Missbrauchsopfer nicht angehört, manchmal "unter absolut skandalösen Umständen". Es habe "sehr, sehr, sehr glaubwürdige Vorwürfe durch verantwortliche Personen" gegeben, denen "nicht genügend" nachgegangen worden sei. Allerdings handle es sich bei den begangenen Fehlern "überwiegend um persönliches Versagen", nicht um "strukturelles Versagen" der Kirche.

Pell will nichts gewusst haben

Der in Ballarat geborene und aufgewachsene Pell bestritt stets, von den dortigen Missbrauchsfällen gewusst zu haben. Ihm wird vorgeworfen, einem der Missbrauchsopfer Schweigegeld angeboten zu haben, nachdem sich dieses ihm anvertraut hatte, und den Täter in eine andere Gemeinde versetzt zu haben. Pell bestreitet auch, von den Straftaten des katholischen Priesters Gerald Ridsdale gewusst zu haben. Dieser soll sich in den Jahren 1960 bis 1980 an mindestens 50 Buben vergangen haben, bevor er im Jahr 1993 aufflog und zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.

Der 74-jährige Pell musste nicht persönlich vor der Kommission in Sydney erscheinen. Wegen Herzproblemen durfte er seine Aussagen per Liveschaltung machen.

(APA/dpa)

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