Wie ein Pfarrer in Bayern vor dem Rassismus kapitulierte

Pfarrer Ndjimbi-Tshiende
Pfarrer Ndjimbi-TshiendeAPA/dpa/Stefan Rossmann
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Mittwochabend demonstrierten 3000 Menschen für den aus dem Kongo stammenden Geistlichen. Er hatte nach Morddrohungen vor einigen Tagen sein Amt niedergelegt.

Die Solidarität mit Olivier Ndjimbi-Tshiende ist groß: Bereits 70.239 Menschen hatten Donnerstagmittag die Petition unterschrieben, mit der Pfarrer, der ursprünglich aus der Demokratischen Republik Kongo stammt, in der oberbayrischen Gemeinde Zorneding gehalten werden soll. Und Mittwochabend drückten in dem 9000-Einwohner-Ort rund 3000 Demonstranten mit Plakaten wie "Olivier, wir stehen hinter Dir", und einer Lichterkette von der katholischen zur evangelischen Kirche ihre Unterstützung für den Geistlichen aus, der der Pfarre seit 2012 vorstand.

Eine starke Geste, doch zurückkehren wird der seit vielen Jahren in Deutschland lebende und in München habilitierte Ndjimbi-Tshiende, der nach zahlreichen rassistischen Anfeindungen und mehreren Morddrohungen vor einigen Tagen sein Amt niedergelegt hat und sich derzeit an einem geheimen Ort aufhalten soll, nicht mehr. Dies hatte das zuständige Bistum München-Freising ausgeschlosssen.

Denn dazu ist zuviel passiert. Daran ändert wohl auch nichts, dass Piet Mayr, der CSU-Bürgermeister von Zorneding, auf der Kundgebung am Mittwoch laut "Spiegel-Online" sagte: "Wir schämen uns"; und dass namhafte CSU-Politiker bis hinauf zu Parteichef Horst Seehofer sich glaubhaft entsetzt zeigten. Doch gerade die Partei ist an der Eskalation der Lage nicht unschuldig.

"Unserem Neger mit dem nackerten Arsch ins Gesicht"

Am Anfang standen im Oktober 2015 ein offener Brief und ein Interview des Pfarreres, sowie eine Bitte des Pfarrgemeinderats von Zorneding. In dem offenen Brief lobte Ndjimbi-Tshiende die Flüchtlingspolitik Angela Merkels, in dem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" kritisierte er Äußerungen der - mittlerweile ehemaligen -  CSU-Ortschefin Sylvia Boher, die im lokalen Blatt der Partei Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht hatte.  Deshalb forderte der Pfarrgemeinderat Boher auf, die Kirchtürme der Gemeinde vom Cover des Blattes zu entfernen, da man nicht mit "demagogischen" Äußerungen (Ndjimbi-Tshiende im Interview), in Verbindung gebracht werden wollte. Als Person habe er Mitleid mit Frau Boher.

Das ließ die örtliche Partei nicht auf sich sitzen. Bohers Vize Johann Haindl  - auch er legte sein Amt mittlerweile nieder - schoss scharf zurück: Ndjimbi-Thsiende müsse aufpassen, dass ihm sein Vorgänger in der Pfarre "nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger", wie mehrere deutsche Medien berichteten. Die Hetze gegen den dunkelhäutigen Pfarrer war eröffnet. Er erhielt per Post zahlreiche unmissverständliche Drohungen, die Sätze enthielten wie "Ab mit dir nach Auschwitz" oder "Nach der Vorabendmesse bist du fällig".

Es wird wohl keine Vorabendmesse mit Ndjimbi-Tshiende in Zorneding mehr geben. Es wird überhaupt keine Messe mit ihm als Pfarrer in Zorneding mehr geben. Dafür ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft, wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung. Laut "Spiegel" gibt es mittlerweile übrigens auch Todesdrohungen gegen den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Auch er hatte sich mehrfach gegen die grassierende Ausländerfeindlichkeit gewandt.

>>> Bericht in der FAZ

>>> Bericht auf "Spiegel Online"

>>> Interview in der SZ

(hd)

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