Wie verfolgt sind Christen in deutschen Flüchtlingsheimen?

Was sind die Ursachen für Gewalt in Flüchtlingsunterkünften? Die Religion?
Was sind die Ursachen für Gewalt in Flüchtlingsunterkünften? Die Religion?APA/AFP/dpa/DAVID EBENER
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Eine Studie des christlichen Hilfswerks "Open Doors" sprach von "deutschlandweiter Gewalt gegen Christen". Es gibt Zweifel, auch von Seiten der evangelischen Kirche, berichtet die "Frankfurter Allgemeine".

Die Studie des christlichen Hilfswerks "Open Doors" sorgte Anfang Mai für Aufsehen: Bis zu 40.000 Nicht-Muslime seien in deutschen Flüchtlingsheimen drangsaliert worden. 231 Fälle habe es in ganz Deutschland gegeben, die von Diskriminierung und Körperverletzung bis hin zu sexuellen Übergriffen und Morddrohungen reichen würden. 204 der 231 befragten Flüchtlinge hätten angegeben, von anderen Flüchtlingen aus religiösen Gründen angegriffen worden zu sein.

Doch wie stark werden christliche Flüchtlinge tatsächlich in deutschen Flüchtlingsheimen bedrängt? Dieser Frage ging die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ("FAS", Ausgabe vom 22. Mai) nach und die Zeitung deckte einige Unschärfen der "Open Doors"-Studie auf.

Die Organisation bestätigte, dass fast zwei Drittel der in der Studie genannten mutmaßlichen Opfer aus einer einzigen Gemeinde in Berlin stammten. Wortwörtlich war in der Publikation aber von einer "deutschlandweiten" Erhebung die Rede. Dass das Problem besonders in Berlin große sei, hatte "Open Doors"-Geschäftsführer Markus Rode bei der Präsentation der Studie am 9. Mai betont. In der Hauptstadt werde zwar die besondere Schutzbedürftigkeit von Homosexuellen in den Unterkünften anerkannt. Die schwierige Situation der Christen werde aber weitgehend ignoriert.

Gründe für Konflikte immer die Religion?

Ein von "Open Doors" als besonders extrem beschriebener Fall von Übergriffen gegen Christen stellte sich in den Recherchen völlig anders dar. Der Arbeiter-Samariter-Bund, der das beschriebene Heim betreibt, erzählt der Zeitung, die Aggression sei zunächst von dem zum Christentum konvertierten Syrer ausgegangen. Ein Pfarrer, der den Mann betreut, glaubt laut "FAS" nicht, dass die Konfession eine Rolle in dem Konflikt gespielt habe. Auch in anderen Fällen gebe es Zweifel, Heimbetreiber werden mit den Worten zitiert, die Vorwürfe seien "zu hundert Prozent aus der Luft gegriffen". In anderen Worten: Es gab zwar Tätlichkeiten von Muslimen gegen Christen, doch die Ursache der Konflikte ist nicht so einfach in den verschiedenen Religionen der Beteiligten zu begründen.

"Open Doors"-Geschäftsführer Rode wirft den Kirchen in Deutschland vor, das Ausmaß der Gewalt zu vertuschen, da sie selbst Betreiber von Flüchtlingsheimen wären. Die Organisation konnte der Zeitung innerhalb einer Woche aber keinen Fall von Gewalt gegen christliche Flüchtlinge in einer kirchlichen Einrichtung aufzeigen.

Erhebung als "unseriös abzulehnen"

In der Evangelischen Kirche regt sich Widerstand gegen die Erhebungen von "Open Doors". Der "Frankfurter Zeitung" liegt eine interne Stellungnahme der Westfälischen Landeskirche vor. Die Islamfeinde in der Kirche würden versuchen, die Hilfseinrichtungen vor sich herzutreiben. Die Erhebung von "Open Doors" sei "als unseriös abzulehnen."

Dass es Übergriffe gibt, daran besteht insgesamt kein Zweifel, wenn auch Konfliktursachen nicht immer einwandfrei geklärt werden können. "Das sind keine Einzelfälle, ich kenne keine Unterkunft von Garmisch bis nach Hamburg, wo wir nicht auf solche Fälle gestoßen sind", sagt Paulus Kurt vom Zentralrat der Orientalischen Christen in Deutschland (ZOCD) bei der Präsentation der "Open Doors"-Studie. "Ich habe Familien gesehen, die wegen Bedrohung freiwillig wieder zurückgekehrt sind."

>> Zum Artikel der "Frankfurter Allgemeinen"

(Red.)

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