Türkei verurteilt Genozid-Kritik des Papstes zu Armenien

Der Papst mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche in Armenien.
Der Papst mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche in Armenien.APA/AFP/TIZIANA FABI
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Der Vize-Regierungschef sieht sich an die "Mentalität der Kreuzzüge" erinnert. Der Papst hatte von einem Völkermord der Türken an Armeniern gesprochen.

Die Türkei hat die Äußerungen von Papst Franziskus zum Völkermord an den Armeniern vor hundert Jahren verurteilt. "Es ist keine objektive Erklärung und entspricht nicht der Realität", sagte Vize-Regierungschef Nurettin Canikli am Samstagabend laut der Nachrichtenagentur Anadolu. Der Papst hatte am Freitag in der armenischen Hauptstadt Eriwan "den Völkermord" an den Armeniern verurteilt. Das katholische Kirchenoberhaupt befindet sich derzeit zu einem mehrtägigen Besuch in Armenien.

Die Türkei lehnt auch hundert Jahre nach den Taten deren Einstufung als Genozid strikt ab. Canikli sagte, die Äußerungen des Papstes seien "sehr unglücklich" und seine Aktivitäten würden die "Mentalität der Kreuzzüge" widerspiegeln. Der Papst hatte bereits vergangenes Jahr den Begriff "Genozid" benutzt. Auch damals war die Äußerung auf scharfe Kritik der türkischen Regierung gestoßen, die aus Protest ihren Botschafter im Vatikan für fast ein Jahr abzog.

Aus Sicht der Türkei handelte es sich bei den Ereignissen in den Jahren 1915 bis 1917 um einen Bürgerkrieg zwischen Türken und Armeniern, bei denen beide Seiten zahlreiche Opfer zu beklagen hatten. Die Armenier sprechen dagegen von einem systematischen Völkermord der osmanischen Führung der Jungtürken, dem 1,5 Millionen Armenier zum Opfer fielen. Auch der deutsche Bundestag hatte Anfang Juni erstmals von einem Völkermord gesprochen und damit die Türkei verärgert.

Gemeinsame Liturgie

Am Abschlusstag seiner brisanten Kaukasus-Reise hat Papst Franziskus die Beziehungen zur Armenischen Kirche mit einer gemeinsamen Liturgie gestärkt. Der Pontifex und das Oberhaupt der armenischen Kirche, Katholikos Karekin II., beteten am Sonntag am Kirchensitz Etschmiadsin bei der Hauptstadt Eriwan gemeinsam für die Einheit der Kirche.

"Wir sind uns begegnet, haben uns brüderlich umarmt, haben gemeinsam gebetet und haben die Gaben, die Hoffnungen und die Sorgen der Kirche Christi, deren Herzschlag wir übereinstimmend wahrnehmen, miteinander geteilt. Und diese Kirche empfinden wir als eine", sagte Franziskus. Anschließend wollte er sich mit Geistlichen beraten. Mit dem Kirchenoberhaupt Karekin war eine gemeinsame Erklärung geplant. Vor seiner Rückkehr nach Rom wollte der Papst noch zu einer Kirche nahe der geschlossenen türkischen Grenze fahren und eine Friedenstaube aufsteigen lassen.

(APA/AFP)

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