Papst: „Die Welt ist in einem Krieg“

Warten auf Franziskus. Traditionell gekleidete Polinnen harrten der Ankunft von Papst Franziskus auf dem Krakauer Flughafen Johannes Paul II.
Warten auf Franziskus. Traditionell gekleidete Polinnen harrten der Ankunft von Papst Franziskus auf dem Krakauer Flughafen Johannes Paul II. (c) APA/AFP/JOE KLAMAR
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Papst Franziskus kam Mittwochnachmittag in Polen an, es ist sein erster Besuch dort. Die Welt befinde sich im Krieg, sagte er unterwegs – aber nicht in einem der Religionen.

Krakau. Einen Tag nach Eröffnung des katholischen Weltjugendtages in Krakau (Südpolen) kam Papst Franziskus, bürgerlich Jorge Mario Bergoglio aus Argentinien, gegen 16 Uhr mit einem Flugzeug der Alitalia in Krakau an. Unterwegs hatte er gesagt, er sehe die Welt im Kriegszustand: „Wir dürfen keine Angst haben, die Wahrheit zu sagen: Die Welt ist in einem Krieg, weil sie den Frieden verloren hat.“

Er stellte aber klar, dass er nicht von einem Krieg der Religionen spreche: „Es ist ein Krieg um Interessen, um Geld, um Ressourcen der Natur.“

In Rom war er von 15 Flüchtlingen verabschiedet worden. Die neun männlichen und sechs weiblichen Jugendlichen stammen aus mehreren Ländern und leben noch nicht lange in Italien. Die Aktion war wohl bewusst gesetzt, da die Flüchtlingskrise auch während dieses ersten Polen-Besuchs von Franziskus eine Rolle spielen wird; etwa, da sich das erzkatholische Land sträubt, in größerem Umfang Flüchtlinge etwa aus Syrien aufzunehmen. Zuletzt gab es vermehrt fremdenfeindliche Akte.

Tatsächlich sprach Franziskus nach der Ankunft bei einem Treffen mit Polens Präsident Andrzej Duda und Regierungschefin Beata Szydlo in Krakau (rund 750.000 Einwohner) die Sache an: Es sei die „Bereitschaft zur Aufnahme derer notwendig, die vor Kriegen und Hunger fliehen.“ Wer seiner Grundrechte beraubt werde, benötige Solidarität – zu den Grundrechten gehöre auch, in Sicherheit den eigenen Glauben zu bekennen.

Besuch auch in Auschwitz

Neben Auftritten und Messen auf dem bis Sonntag dauernden Kirchenfest wird der 79-Jährige auch das frühere deutsche Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und Polens Nationalheiligtum, die Schwarze Madonna in Tschenstochau (Częstochowa), besuchen.

Überschattet wird die Reise von den vielen von Jihadisten begangenen Anschlägen und Bluttaten auch der jüngsten Vergangenheit, etwa in Nizza, München und Ansbach, dazu zuletzt vom Angriff auf eine Kirche bei Rouen in Nordfrankreich, bei dem zwei moslemische Attentäter einem Priester die Kehle durchschnitten. Der Kommandant der Grenztruppen, Marek Lapinski, berichtete Kathpress zufolge, dass im Umfeld des Weltjugendtags 226 Personen an der Grenze festgenommen wurden. Sie würden wegen verschiedener Delikte gesucht oder hätten keine gültigen Papiere gehabt. Terrorverdächtige seien nicht darunter. Noch unklar ist der Fall eines Irakers, der vor Tagen verhaftet worden war, nachdem er Chemikalien gekauft hatte, mit denen man auch Sprengstoff erzeugen könnte.

Bisher verlief der Weltjugendtag ohne Zwischenfall. Auf den Błonia-Wiesen waren laut Polizei am Dienstagabend 200.000 Pilger bei der Eröffnungsmesse – weniger als zuvor erwartet, als die Veranstalter von über 350.000 sprachen. Bei der Notbremsung eines Zuges nahe Krakau mit Teilnehmern des Weltjugendtages wurden zehn Personen verletzt; ein Passagier hatte wegen eines Asthmaanfalls eines Mitfahrers die Notbremse gezogen.
Der liberale und flüchtlingsfreundliche Kurs Franziskus' wird von Polens Geistlichkeit mehrheitlich kritisch gesehen. Da ihr Einfluss auf die nationalkonservative Regierung enorm ist, wird in einigen polnischen Medien gefragt, ob Franziskus gebührend empfangen oder es Misstöne geben wird.

„Zu links, zu liberal“

„Zu links, zu liberal“ ist er auch für viele, die ihn im Internet gar als „Irren“ beschimpfen, dessen Haltung zu Flüchtlingen und Homosexuellen untragbar sei. Franziskus, der Nächstenliebe fordert, Prunk kritisiert und Bescheidenheit der Kirche verlangt, dürfte von manchem polnischen Priester als Gefahr gesehen werden; in vielen Orten ist der Pfarrer noch der mächtigste Mann.

Wer manche der rechtskatholischen Medien Polens liest, hat den Eindruck, sie seien stolz, mit den Ansichten des Papstes wenig gemeinsam zu haben. In Polen habe der „weltliche Liberalismus des Westens noch keinen Boden erobert“, werde die moralische Autorität der Kirche anerkannt, schrieb etwa Grzegorz Górny, Chefredakteur des national-katholischen Magazins „Fronda“.

(ag./kathpress)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2016)

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