Franziskus fuhr am Donnerstag von Krakau, Schauplatz des Weltjugendtages, nach Tschenstochau zu der angeblich wundertätigen Marienikone, die als höchste Beschützerin des Landes gilt. Ein Treffen mit den konservativen Bischöfen sei zuvor herzlich verlaufen, heißt es.
Tschenstochau/Krakau. Papst Franziskus hat am zweiten Tag seiner Polen-Reise den Wallfahrtsort Częstochowa (Tschenstochau) besucht, rund 100 Kilometer nordwestlich von Krakau, den Schauplatz des Katholischen Weltjugendtages. Dort betete er vor der Schwarzen Madonna, Polens Nationalheiligtum, bevor er eine Messe las.
Letztere war dem 1050. Jahrestag der Christianisierung Polens gewidmet: 966 hatte sich der slawische Fürst Mieszko I., Herrscher der Polanen, taufen lassen. Ein Motiv dafür war, dass er durch den Wechsel zum Christentum die Beziehungen zum römisch-deutschen Reich und Böhmen verbessern und als gleichwertiger Christenfürst gelten konnte. Die Schwarze Madonna ist eine Ikone, die seit dem 14. Jahrhundert im Paulinerkloster auf dem „Hellen Berg“ von Tschenstochau verehrt wird. Sie entstand vermutlich viele Jahrhunderte zuvor im byzantinischen Raum und soll als Mitgift einer byzantinischen Prinzessin nach Osteuropa gekommen sein.
Das düstere Bild, auf dem Maria das Jesuskind trägt, soll wundertätig sein, angeblich hatten während der Hussitenkriege (1419–1436) bei einem Überfall protestantischer Hussiten deren Pferde vor dem Kloster gescheut. Ein Hussit sei vom Blitz getroffen worden, als er mit einem Säbel aufs Bild schlug. Seither hat Maria auf einer Wange zwei Schnitte, die sich nie übermalen ließen. 1655 soll die Ikone den Angriff von Schweden auf das Kloster gestoppt haben, seither gilt es als „Talisman“ ganz Polens und Maria als Polens „Königin“.
Einen Schrecken jagte der Papst den Pilgern ein, als er zu Beginn der Messe stürzte. Der 79-Jährige konnte sich mithilfe von Begleitern aufrichten. In der Predigt prangerte er das Streben nach Macht an und ermutigte die Menschen, sich „wie Gott kleinzumachen“ und Nächstenliebe zu pflegen. Gegen Mittag kehrte er nach Krakau zurück und fuhr mit behinderten Jugendlichen in der Straßenbahn durch die Stadt.
Treffen mit Polens Bischöfen
Zum Auftakt seines fünftägigen Besuchs hatte Franziskus am Mittwoch die nationalkonservative Regierung zur Aufnahme von Flüchtlingen aufgefordert. In einem Treffen am Abend mit Bischöfen differenzierte er laut Kathpress: Für die Aufnahme müssten die Gegebenheiten eines jeden Landes berücksichtigt werden. Es gebe „keine Formel“ dafür, wie man sich gegenüber Flüchtlingen verhalten müsse; dies hänge von den Ländern und deren Möglichkeiten und Kultur ab, schilderte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi das Gespräch. Es sei aber wichtig, aufnahmebereit zu sein.
Das Treffen war mit Spannung erwartet worden, da seit Längerem über Differenzen zwischen dem liberalen argentinischen Papst und den streng konservativen polnischen Bischöfen spekuliert wird. Franziskus habe diesen aber „keine Kopfwäsche“ verabreichet, wie Erzbischof Stanisław Gądecki später sagte. Es sei eine herzliche Begegnung gewesen, der Papst habe verständnisvoll zugehört und „wie ein Vater zu Kindern“ gesprochen.
Am Freitag Besuch in Auschwitz
Am Freitag will Franziskus als dritter Papst nach Johannes Paul II. und Benedikt XVI. das frühere deutsche Konzentrationslager Auschwitz besuchen. Den Abschluss des Jugendtags bildet am Sonntag eine vom Papst zelebrierte Messe auf dem Veranstaltungsgelände nahe Krakau. Bis zu zwei Millionen Teilnehmer werden erwartet. (wg/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2016)