Wirbelwind Franziskus und die Frauenfrage

Pope Francis waves as he arrives to lead the general audience in Saint Peter's Square at the Vatican
Pope Francis waves as he arrives to lead the general audience in Saint Peter's Square at the Vatican REUTERS
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Der Papst hat eine Kommission zur Frage der Möglichkeit der Weihe von Diakoninnen eingesetzt.

Ja, die Frauenfrage. Die beschäftigt die katholische Kirche nicht seit heute. Wir wissen: Die Mehrheit der Kirchgänger ist weiblich, die geweihte Hierarchie (mit Ausnahme weniger Äbtissinnen) zu 100 Prozent männlich. Auch unter Franziskus, der als Papst im Interview mit seinem Jesuiten-Mitbruder Antonio Spadaro gemeint hat, „die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche müssen weiter werden“.

Zugegeben, bisher hat er in den Vatikan verstärkt Frauen als Mitarbeiter geholt. Jeder fünfte Angestellte der Weltkirche ist dort weiblich. Der große Wow-Effekt mag sich nicht einstellen, aber immerhin, ein Schritt vorwärts. Ob bei einem heikleren Thema gar ein Sprung vorwärts gelingt? Das Diakonat für Frauen steht auf der Agenda – von Reformbewegungen sowieso. Der Papst höchstselbst hat es zur allgemeinen Überraschung heuer am 12. Mai auf die Agenda, auf seine Agenda, gesetzt.

Als er vor ungefähr 900 Oberinnen von Frauenorden auf deren drängende Fragen nach der (Wieder-)Einführung des Amts der Diakonin im lockeren Gespräch meinte: „Es gibt Veröffentlichungen über das Diakonat, aber es ist nicht klar, wie es aussah. Ich denke, ich werde die Glaubenskongregation bitten, mir über die Studien zu berichten, die es zu diesem Thema gibt. Zusätzlich möchte ich eine offizielle Kommission einrichten, die diese Frage durchdenkt: Ich denke, es wird der Kirche guttun, diesen Punkt zu klären. Ich bin einverstanden und werde darüber reden, damit etwas in dieser Art geschieht.“


Blick nach Osten. Mehr war nicht. Aber auch nicht weniger. Jedenfalls sorgten die Worte des katholischen Oberhaupts für reges Interesse. Und der Papst gründete tatsächlich eine Kommission, der auch die in Wien lehrende Marianne Schlosser angehört. Dass es in der frühen Kirche Diakoninnen gab, darüber besteht Einigkeit.

Kurzer Einschub: In der Kirche des Ostens waren sie häufiger im Einsatz. 1988 hat die innerorthodoxe theologische Konferenz auf Rhodos befunden, dass Diakoninnen sakramental geweiht waren. Daraufhin wurde es 2004 in Griechenland Bischöfen freigestellt, Frauen zu weihen. Die – die Bischöfe, nicht die Frauen! – zögern allerdings.


Einfach kompliziert. In der katholischen Kirche hingegen gehen die Ansichten darüber, ob das Amt sakramental zu verstehen war, ob Frauen dafür die Weihe empfangen haben, auseinander. Reichlich verkompliziert wird die Sache dadurch, dass die Diakonenweihe nach katholischem Verständnis als erste Stufe des Weihesakraments gilt, der Priester- und Bischofsweihe folgen. So gesehen könnte die Weihe von Diakoninnen als Türöffner für eine Weihe zu Priesterinnen (miss)verstanden werden. Die kommt aber für die römische Kirche schon gar nicht infrage. Zumindest mittelfristig. Zu dezidiert sind lehramtliche Aussagen, zuletzt von Johannes Paul II. im Jahr 1994, zu schwer wiegt die Tradition, zu groß erscheint das Risiko von Abspaltungen, wie das Beispiel der Anglikaner zeigt.

Im kirchlichen Zeithorizont ist das heutige Amt des Ständigen Diakons jung. Das Zweite Vatikanische Konzil hat es konstituiert. Erst seit vier Jahrzehnten werden verheiratete Männer geweiht, die taufen, trauen und predigen dürfen, ohne Priester zu werden. Viele meinen, es sei nur eine Frage der Zeit, wann Frauen geweiht werden.

Es ist noch nicht lang her, dass Kardinal Walter Kasper bei einem Vortrag dafür plädiert hat, ein sakramentales Amt für Frauen vorzusehen und an die Tradition des Diakoninnenamts anknüpfen. Kasper genießt bei Franziskus hohes Ansehen. Und Kasper war es, der beim Sakramentenempfang für Geschiedene, die neu geheiratet haben, auch in einem Vortrag, die Lösung vorgezeichnet hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2016)

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