Der Streit um christliche Symbole in öffentlichen Räumen sorgt in Italien regelmäßig für Furore.
Rom (basta.). Das Urteil des Straßburger Menschengerichtshofs öffnet im katholischen Italien frisch vernarbte Wunden: Seit mehreren Jahren bricht immer wieder ein heftiger Streit um das Kreuz in öffentlichen Gebäuden aus.
Begonnen hat die Diskussion im Jahr 2003. Damals hat Adel Smith, Präsident der Muslimischen Union Italiens (UMI), eine Klage eingereicht: Er forderte, dass das christliche Symbol von der Volksschule seiner Kinder im mittelitalienischen Ofena entfernt werde.
Ein Richter aus L'Aquila gab ihm recht: Das Kruzifix in Unterrichtsräumen widerspreche dem Prinzip der „ideologischen Unabhängigkeit“ von Schulen. Das Kreuz musste also abgehängt werden – und danach war die Hölle los. Aufgebrachte Eltern demonstrierten auf dem Schulhof vor einem drei Meter hohen Kreuz. Medien sprachen von einem „islamischen Feldzug“, politische Parteien aller Farben und Richtungen warfen dem Richter vor, mit seinem Urteil einen „Religionskrieg“ anstiften zu wollen. Sogar der damalige Papst, Johannes Paul II., meldete sich zu Wort und äußerte sich über den „wachsenden Verlust religiöser Werte“ besorgt.
Irgendwann glätteten sich die Wogen. Aber nur bis zur nächsten Kruzifixfurore: Im Februar hat das Verfassungsgericht eine Klage gegen einen Richter aufgehoben. Dieser hatte sich geweigert, einen Gerichtssaal zu betreten. Der Grund: das christliche Symbol an der Wand. Und wieder war die Empörung groß.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2009)