Dompfarrer: "Jeder Missbrauchsfall ist Gottesvergiftung"

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livechat Dompfarrer Anton Faber im Live-Chat zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle durch die Kirche, die Zukunft des Zölibats und die steigende Anzahl der Kirchenaustritte.

  • 11:01  Anton FaberAm Beginn der heiligen drei Tage in der Karwoche freue ich mich, ein offenes Gespräch in der "Presse" zu führen.
  • 11:03  HeideWie war das Feedback nach dem gestrigen Gottesdienst im Stephansdom?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ein ganz positives Feedback gab es gestern nach dem Gottesdienst. Ein geschichtsträchtiges Zeichen der Kirche in all ihren Schattierungen, die Vergangenheit aufzuarbeiten und mit den hoffnungsvollen Blick in die Zukunft Missbrauch sicher besser zu verhindern.
  • 11:04  Walter 2000Kardinal Schönborn hat gestern im Stephansdom von Vertuschung gesprochen. Was hat die Kirche bisher gewusst, und was verheimlicht sie noch?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    In der gesamten Gesellschaft sind solche Missbrauchsfälle in der Vergangenheit schlecht aufgearbeitet worden. Der Ruf der Kirche war manchen Verantwortlichen wichtiger als das konkrete Eingehen auf die Opfer. Die Perspektive der Opfer ist heute "State of the Art", wir sind hier eine lernende Kirche.
  • 11:06  BrunhildeWie konnte es dazu kommen, dass pädophile Geistliche einfach nur versetzt wurden? War das die Vorgabe des Vatikan bzw. der österreichischen Kirche, oder nur die jeweilige Entscheidung Einzelner?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Es war leider der gesamtgesellschaftliche Stand, wie man mit solchen Missbräuchen umgeht. Das Geständnis, die Reue und die Bereitschaft zu einer Therapie waren oft genug. Dass das aber nicht genug ist, haben wir heute gelernt. Durch die Versetzung alleine wurde kein Problem gelöst und kein Täter geheilt, und den Ansprüchen der Opfer nicht wirklich gerecht. Heute wollen wir lernen und hoffen, Standards des Umgangs zu erzielen, die nicht nur für unseren kirchlichen Bereich gelten.
  • 11:09  Babsi1985Ich war gestern am Abend im Stephansdom beim Bußgottesdienst und mich haben die Worte unseres Kardinals sehr beeindruckt, besonders das Schuldbekenntnis, welches gemeinsam mit Veronika Prüller Jagenteufel gesprochen worden ist. Mir geht es aber auch in der letzten Zeit so, dass ich mich immer wieder frage, warum wird gerade die Kirche so an den "Pranger" gestellt in Sachen Missbrauchsfälle. Denn es gibt auch in anderen Bereichen, wie Familie, ... Missbrauchsfälle, die aber nicht so an die Medien gehen. Ich finde aber keine Antwort darauf im Moment, warum gerade die Kirche so an den Pranger gestellt wird? Ist das andere nicht genau so schlimm, wenn es in der Familie passiert?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Jeder Missbrauchsfall ist schrecklich und verabscheuungswürdig. Wenn es aber in der Kirche passiert, ist es noch einmal ärger, weil damit das religiöse Vertrauensverhältnis ins Gegenteil pervertiert wird. Die Menschen erwarten sich zu Recht von Männern und Frauen der Kirche einen höheren moralischen Maßstab als sogar in der Familie. Jeder Missbrauchsfall in der Kirche ist damit auch neben der persönlichen Betroffenheit eine "Gottesvergiftung".
  • 11:12  ElenaWarum gibt es in der katholischen Kirche so viele Missbrauchsfälle, während man aus der evangelischen nichts dergleichen hört?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Es ist eine Tatsache, dass es in der katholischen Kirche mehr Missbrauchsfälle gibt. Leider gibt es auch in der evangelischen Kirche welche. Wir müssen uns sehr bemühen, dass aus einem Klima der Sexualtabuisierung und der Scheinheiligkeit ein ehrlicher Umgang mit der wunderbaren Gabe der leiblich-seelischen Begegnung von Menschen wird. Das heißt ein ehrliches Wahrnehmen der Realität der Sexualität und ein gediegenes Umgehen mit einer hoffentlich wachsenden Beziehungskultur.
  • 11:16  VizekönigPleitegeierIm Vorjahr war es der Fall mit den Pius-Brüdern und Weihbischof Wagner, heuer der Missbrauchsskandal - die Kirche taumelt von einem Fettnäpfchen ins nächste. Was läuft da falsch?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Es ist wie bei Tsunamis, solche Katastrophen brechen plötzlich über uns herein, und gutes Krisenmanagement schaut wirklich anders aus. Gleichzeitig erlebe ich die Kirche von Österreich in diesem Bereich als eine wirklich lernende. Die Pressekonferenz des Kardinals letztes Jahr und der damalige Rücktritt des Weihbischhofs haben vieles verbessert. Heuer war die Pressestunde des Kardinals, die Erklärung der Bischofskonferenz und der gestrige Bußgottesdienst klare Maßnahmen, die in die richtige Richtung weisen.
  • 11:19  WeidenEs ist doch eine Qual. Wie soll es möglich sein, einer solchen Institution noch zu vertrauen. Eine Institution, ein System, welches den Übergriff an Kindern in zahlreichen Fällen vertuscht hat. Wie kann man wieder ein Vertrauensverhältnis zu diesem System aufbauen? Ich finde darauf keine Antwort.
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ich grundsätzlich auch nicht. Ich weiß aber, dass tausende Eltern trotz solcher Fehler einzelner 100-prozentig in die Institution der katholischen Schulen und der Kirche vertrauen, weil sie wissen, dass Missbrauch nicht an der Tagesordnung steht, sondern nur in Einzelfällen passiert ist, wobei jeder einzelne Fall ein Fall zu viel ist. Die gute Arbeit der Pfarrgemeinden, ihrer Kinder- und Jugendgruppen und der so begehrten Plätze in den katholischen Kindergärten und Schulen sprechen für sich.
  • 11:20  LuciusZum Fall Groër: Kardinal Schönborn hat den jetzigen Papst Benedikt XVI. verteidigt, der eine Untersuchung wollte, die aber vom damaligen Papst Johannes Paul II. verhindert worden ist. Wer wusste was?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ich wusste nichts und bin sehr froh über die Äußerung des Kardinals, dass es natürlich auch im Vatikan verschiedene Parteien gibt, die mit einem Problem unterschiedlich umgehen wollen. Eine Aufarbeitung damals in Form einer Untersuchungskommission hätte sicherlich einiges besser lösen können.
  • 11:22  Babsi1985Es gibt ja heute Gespräche mit Frau Klasnic, die ja die unabhängige Opferbeauftragte wird, kann man hier schon genaueres sagen, wie es diesbzgl. weitergeht?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Kann ich nicht. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass die so vertrauenswürdige Frau Klasnic ähnlich wie in den Fragen des Hospizes und der Entschädigungsfrage in anderen Fällen Lösungen präsentieren wird, die für die Opfer ein klarer Beitrag zur Wiedergutmachung sein werden. Sie wird heute und in den nächsten Tagen ihre diesbezüglichen Pläne präsentieren.
  • 11:24  bird72Was kann und was soll die Opferkommission unter Waltraud Klasnic klären?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ich wünsche mir vor allem, dass die Perspektive der Opfer noch klarer gesehen wird. Was hilft wirklich den Opfern zu einer Heilung, zu einer Wiederherstellung ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit. Das ist oft etwas anderes, als die zurecht erregte Öffentlichkeit sehen will. Es wird vor alem nicht um den an den Pranger gestellten Täter oder die Gesamtkirche gehen, sondern was nützt den Opfern.
  • 11:26  pauliIch kenne LH Waltraud Klasnic schon sehr lange. Bezüglich der sozialen Kompetenz habe ich keine Zweifel. Warum wird Klasnic aber von Kardinal Schönborn vorgeschlagen? Für Kirchenferne kann dadurch von Anfang an mangelnde Objektivität und Abhängigkeit von der Kirche vorgeworden werden. Ich bin über diese Vorgangsweise zutiefst enttäuscht - obwohl VP-Funktionärin und derzeit von Mitglied der Röm.-kath. Kirche.
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Manche Bedenken von Ihnen kann ich teilen, aber ich denke mir, dass vom Kardinal hier ein Entlastungsvorschlag durchaus angemessen war. Frau Klasnic wird diese Fragen durch ihre konsequente Arbeit sicherlich in den Hintergrund drängen. Ich hoffe, dass wir alle diese Arbeit der Opferbeauftragten nach ihren Resultaten beurteilen und nicht nach der Art und Weise ihrer Bestellung. Ich bin sehr froh, dass sie diesen Auftrag angenommen hat, und setze mein volles Vertrauen auf sie.
  • 11:29  Babsi1985Kardinal Schönborn hat in der Pressestunde gesagt, dass eine Steigerung bei den Kirchenaustritten eingetreten ist, was für uns als Kirche, aber auch für mich als engagierte Christin schmerzhaft ist. Wie will die Kirche hier entgegen wirken?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Wir alle wirken dem entgegen durch konsequente kirchliche Arbeit. Jetzt in den Kartagen - durch die Feier des Leidens, Sterbens und Auferstehens Christi aus der Kraft dieser hoffnungsvollen Auferstehung - werden wir sicherlich auch wieder leuchtender und wirksamer unseren Beitrag in die Gesellschaft leisten können. Das Aufarbeiten begangener Schuld, der ehrliche Umgang mit Opfern und Tätern, und die konsequente Prävention werden hier mit dem Gebet und der normalen kirchlichen Arbeit zusammen gehen müssen.
  • 11:31  ZanglWie viele Kirchenaustritte gab es in ihrer Pfarre?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Das weiß ich leider noch nicht. Ich erhalte diese Meldungen erst mit einiger Verspätung. Gott sei Dank habe ich gestern einen Kirchenwiedereintritt gehabt, so wie ich jedes Jahr an die 50 Wiedereintritte habe. Bisher haben sich bei mir in der Pfarre die Austrittszahlen unterhalb der Taufen und Wiedereintritte gehalten. Ich lade jeden gerne ein, über seinen Ärger hinaus wieder ins Gespräch mit der Kirche zu kommen. So wie wir gestern es im Dom gefeiert haben, ist Auftreten besser als Austreten.
  • 11:35  Ernstl StraserWären die Missbrauchsfälle ohne Zölibat auch gewesen? Ist das Zölibat zeitgemäß?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Die meisten Missbrauchsfälle in der Gesellschaft gibt es im Rahmen der Familie von durchaus verheirateten Vätern von Kindern. Das ist Tatsache. Gleichzeitig ist natürlich die zölibatäre Lebensform nicht für jeden die beste Form, sich mit seiner Sexualität ehrlich auseinander zu setzen. Wir müssen als Kirche ehrlich wahrnehmen, dass sich auch die absolute Mehrheit der Katholiken eine Freigabe der Wahl der Lebensform für Priester wünscht. Gleichzeitig kenne ich genügend Priester, die die ehelose Lebensform als Gelegenheit nützen wirklich frei für die Menschen und für Gott zu sein. Das sind vielleicht nur wenige, aber ich kenne auch nur sehr wenig vorbildliche Ehepaare. Da ist das hohe Ideal der Ehe genauso wie das hohe Ideal der Ehelosigkeit nicht immer vollkommen zu erreichen.
  • 11:37  Walter 2000Wie geht es Ihnen mit dem Zölibat?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Für mich ist der Zölibat keine Last. Ich habe mich fünf Jahre auf diese frei gewählte Lebensform vorbereitet und mich dann entschieden. Es gibt sicher Momente, wo man auch die Last einer Entscheidung tragen muss. Aber im Gegensatz zu jedem Ehemann und Vater habe ich in diesem Punkt vor allem nur für mich selbst Verantwortung zu tragen und muss nicht das Wohl meiner Frau und meiner Kinder mitbedenken. Für mich ist es auch eine große Freiheit.
  • 11:40  lippenbekennerNamaste. Im Zusammenhang mit dem auf orf.at veröffentlichten Zitat :""Wir, Gottes Volk, seine Kirche, tragen miteinander an dieser Schuld", lautete die Kernbotschaft des Schuldbekenntnisses, das Schönborn gemeinsam mit der Theologin und Publizistin Veronika Jagenteufel vortrug." Erhebt sich die Frage weshalb nicht klar ausgesprochen wird, dass diese Schuld nicht bei Gottes Volk sondern überwiegend im Klerus und den Vertretern der Amtskirche zu suchen ist. Oder ist damit etwa gemeint, dass die Sexualisierung der Gesellschaft ausgelöst durch die 68-er Bewegung mitverantwortlich für die Missetaten sei?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Wir alle sind Kirche. Jeder einzelne trägt Mitverantwortung für alles Geschehen in der Kirche. Nicht in schuldhafter Weise, dass ich verantwortlich bin für die Sünden der anderen, aber die Last der Sündenfolgen muss von allen getragen werden. Meine Einschätzung der Bedeutung der 1968er-Generation ist da eine etwas andere.
  • 11:43  LuciusWas sagen Sie jemandem, der von einem Priester missbraucht worden ist?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Zuerst einmal gar nichts, sondern ich höre ihm zu. Jedes Wort der Erklärung ist eines zu viel. Der liebe Gott hat uns zwei Ohren gegeben und einen Mund, ein Hinweis, dass das Hinhören gerade in so einem Fall hundertmal wichtiger ist als das Sprechen. Erst nach langem Zuhören und viel Empathie kann ich ihn vielleicht ermutigen, professionelle Hilfe über die Ombudsstelle der Kirche in Anspruch zu nehmen.
  • 11:46  Babsi1985Was mich auch traurig macht ist, dass in den Medien, mehr negative Schlagzeilen gibt bzw. mehr darüber berichtet wird, was falsch läuft, als was eigentlich positiv und gut läuft. Es gibt so viele erwähnenswerte Sachen, wie eine Arbeit von P. Georg Sporschill oder über einen Erwin Kräutler,... Warum wird nicht auch von solchen Sachen öfters in Zeitungen, Medien berichtet, weil ich denke, dann würde auch von Kirche (also auch wir, weil wir sind ja Kirche ) ein anderes Bild vermittelt werden und viele Leute würden sich das mit dem resignieren der Kirche vielleicht doch nochmal überlegen? Muss man sich nicht hier auch etwas überlegen bzw. darüber nachdenken, wie es weitergeht?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ich bin sehr dankbar über das wahnsinnig viel Gute, das in den Medien sehr wohl über die Arbeit in der Kirche berichtet wird. Dort wo Fehler passieren, müssen sie gebrandmarkt werden. So schmerzlich auch jeder Bericht über Missbrauch ist, wie viel schmerzlicher war es für die Opfer, wenn solch eine Tat passiert ist. Für mich ist jeder Medienbericht auch eine Form der Sehnsucht nach einer vertrauenswürdigeren Kirche. Und jeder geklärte Missbrauch ist ein Anstoß für eine Reinigung und Erneuerung der Kirche.
  • 11:48  CymryWarum bekennen sich Unschuldige für schuldig? Warum werden die wirklich Schuldigen nicht zur Verantwortung gezogen? Warum lasst Ihr Euch in einen Topf mit denjenigen werfen, die diese Taten tatsächlich begangen haben?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Wir alle tragen an der Schuld einzelner in der Kirche, weil wir alle sind Kirche. Das ist gestern abends im Gottesdienst sehr klar herausgekommen. Wir sitzen da alle in einem Boot und wollen nicht aussteigen. Gleichzeitig müssen die Täter mit ihren Taten benannt werden und die Opfer zum Sprechen ermutigt werden. Das geschieht in dieser Krisenzeit der Kirche Gott sei Dank immer besser.
  • 11:51  DiversWie erklären Sie sich, dass - zumindest nach meiner Wahrnehmung - die Missbrauchsopfer alle männlichen Geschlechts sind?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Das widerspricht meiner Wahrnehmung und dem mir bekannten Stand der Forschung. Was mich persönlich besonders betrifft, dass fast alle Missbrauchstäter einmal in ihrer Kindheit und Jugend selber Opfer waren.
  • 11:51  figlKennen Sie persönlich Täter? Was würden Sie einem Ihrer Kollegen sagen, der Missbrauch begangen hat?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Was ich jedem Sünder zu sagen versuche. "Erkenne deine Schuld, bereue deine Tat und versuche, es wieder gut zu machen." Dass das bei Missbrauchsfällen von Kindern, Jugendlichen und im geistlichen Autoritätsverhältnis Stehenden nicht so leicht geht, ist auch eine Tatsache. Wir haben in der Kirche inzwischen den klaren Standard, dass ich nach Bekanntwerden solcher Taten die Ombudsstelle und den kirchlichen Vorgesetzten zu informieren habe.
  • 11:54  gabipressechatWas bedeutet die Aussage "Ich bin wütend, Gott" für Sie?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ich bin empört über jeden Fall von Missbrauch der an mein Herz gelangt. Ich verstehe es nicht, dass Gott es zulässt, dass ihm geweihte Männer und Frauen ihre Macht sexuell missbrauchen und dass ihnen so vertrauensvoll ergebene Kinder und Jugendliche darunter zu leiden haben. Da kann ich nicht ruhig beten und schlafen, sondern kann mit den Worten der Psalmen auch klagen und fluchen und meine Wut vor Gott aussprechen.
  • 11:56  pchris93Zölibat hin oder her. Pädophil waren die meisten ja wahrscheinlich schon vorher. Ist es so schwer solche Neigungen schon im Priesterseminar zu erkennen und diejenigen dann auch nicht zur Weihe zuzulassen? Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mensch, der den ganzen Tag auf Gott ausrichtet, öfters auch den Rosenkranz betet und auch regelmäßig beichtet eine so schwere Sünde begehen kann. Würden sie, als Beichtvater, einem Kinderschänder die Absolution erteilen, wenn er sich nicht der Polizei stellen will?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Das Screening im Priesterseminar ist in dieser Hinsicht schon recht gut verbessert worden, ist aber sicherlich immer noch optimierbar. Absolution gibt es in der Beichte nur mit dem Willen zur Besserung und zur Wiedergutmachung.
  • 11:57  PflanzeWie wollen Sie dem Unmut in der Bevölkerung über die Erz-Konservative-Haltung der katholischen Kirche entgegentreten? Beharren auf vergangenen Werten oder Öffnung für Neues, Schritt ins neue Jahrtausend?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Der gestrige Gottesdienst und die neuen Maßnahmen in der Kirche von Österreich lassen mich hoffen, dass auch Menschen mit kritischer Haltung sich in der Kirche wieder zuhause wissen können. Die Seelsorge am Stephansdom mit dem verschiedensten Initiativen der letzten Jahre hat hier auch eine klare Sprache gesprochen, die von vielen Menschen auch honoriert wird.
  • 11:59  PflanzeThemenwechsel: Ist der Kirchenbeitrag in der jetzigen Form überhaupt noch zeitgemäß? Wäre eine freiwillige Abgabe der Katholiken nicht angemessener?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Ich bin sehr froh über den verbindlichen Kirchenbeitrag, weil er eine konsequente und nachhaltige Arbeit der Kirche in den verschiedensten Lebensbereichen sichert. Ohne diesen erwartbaren Kirchenbeitrag nur auf die Freiwilligkeit von Spenden angewiesen wäre vieles Gute in der Kirche von Österreich nicht möglich.
  • 12:00  AnaximanderIch denke, die Problematik liegt auch in den sehr autonomen Pfarren. Damit sind wir in der "Personal"führungsproblematik durch die Bischöfe bzw. Dechanten. Das Verständnis von Führen und Leiten ist sehr anders als in Profit und Nonprofitorganisationen. Müsste man nicht auch im Führungsverständis (Bischöfe, Dechanten) und in der Führungskompetenz wesentliche Änderungen vornehmen?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Das hat für und wider, ich bin sehr froh dass ich als Pfarrer mit meinen MitarbeiterInnen sehr eigenständig agieren kann. Gleichzeitig fühle ich mich einer Diözese wie in Wien gut aufgehoben.
  • 12:03  EnzianWie wollen Sie Ihre Schäfchen zurückholen?
  • ANTWORT VON Anton Faber:
    Die Türen des Stephansdoms stehen für jeden offen, der bereit ist an der Erneuerung der Kirche mitzuarbeiten, da ist viel Platz, nicht nur in den ersten Reihen, sondern auch in den Seitenschiffen und auf Nischenplätzen. Man muss nicht hundertprozentig mit allem übereinstimmen, was unser Anspruch ist, da hätte auch ich nicht immer einen Platz in der Kirche. Im Blick auf die Apostel bin ich sehr gelassen, dass nur vollkommene Menschen an der Seite von Jesus Platz haben. Da gibt es die Bandbreite von einem Petrus, der Jesus verleugnet, und Jüngern, die sich um die ersten Plätze streiten, bis hin zu denen, die das Wichtigste verschlafen. Also hat jeder einen Platz in der Kirche.
  • 12:04  DiePresse.com.ModeratorIm Name der "DiePresse.com"-Redaktion danke ich Dompfarrer Toni Faber und den Usern für die spannende Diskussion!
  • Anton FaberIch wünsche allen "Presse"-Lesern eine intensive Feier des Karfreitags, aber noch mehr einen hoffnungsvollen Blick auf Ostern.

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