Norwegen: Altbischof gesteht Übergriff auf Ministranten

Norwegen Altbischof gesteht Missbrauch
Norwegen Altbischof gesteht Missbrauch(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Es ist der erste Missbrauchsfall in Norwegen, der an die Öffentlichkeit gelangt ist: Der Bischof ist nach seinem Schuldgeständnis zurückgetreten. Indes wird dem Vatikan in einem neuen Fall Vertuschung vorgeworfen.

Nach Irland, Deutschland, Österreich und zahlreichen anderen Ländern hat nun auch Norwegen seinen ersten bekannt gewordenen Missbrauchsfall: Ausgerechnet der ehemalige katholische Bischof von Trondheim, Georg Müller, hat kirchenintern zugegeben, vor zwanzig Jahren als einfacher Priester einen minderjährigen Ministranten missbraucht zu haben. Dies war auch der Grund für seinen Rücktritt vergangenes Jahr: Müller hat unmittelbar nach dem Auftauchen von entsprechenden Vorwürfen am 7. Juni vergangenen Jahres um seine Demission ersucht, sagt Müllers Nachfolger, Bischof Bernt Eidsvig. Der Vatikan hat den Fall am Mittwoch bestätigt.

Eidsvig sagte in einem Interview mit der norwegischen Zeitung "Adresseavisen", Müller habe sich nach seinem Rücktritt in psychologische Behandlung und in geistliche Beratung begeben. Die Sache sei deswegen nicht an die Öffentlichkeit gebracht worden, weil das Missbrauchsopfer dies nicht gewünscht habe. Ex-Bischof Müller ist laut "Adressavisen" untergetaucht. Sowohl die katholischen Kirche in Trondheim als auch sein Orden in Deutschland, die Arnsteiner Patres, gaben an, den gegenwärtigen Aufenthaltsort Müllers zu kennen. Wie Eidsvig erklärte, ist der Fall nach zwanzig Jahren strafrechtlich verjährt. 

Verdächtigter US-Priester nach Indien versetzt

Indes sind gegen den Vatikan neue Vertuschungsvorwürfe aufgetaucht: Wie der Anwalt eines Missbrauchsopfers aus dem US-Staat Minnesota am Montag sagte, arbeitete ein Priester in den vergangenen fünf Jahren in katholischen Schulen in Indien, obwohl er in den USA zwei Mädchen sexuell belästigt haben soll. Ein für den Vatikan tätiger US-Anwalt sagte, die katholische Kirche unterstütze die US-Behörden bei dem Bemühen um die Auslieferung des verdächtigen Geistlichen.

Der Priester Joseph Jeyapaul steht im Verdacht, sich im Bistum Crookston in Minnesota zwei jugendlichen Mädchen unsittlich genähert zu haben. Die Vorwürfe kamen allerdings erst ans Licht, als Jeyapaul das Land bereits verlassen hatte. Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass Bischof Victor Balke die römische Glaubenskongregation und auch Jeyapauls Vorgesetzte in Indien 2005 über die Anschuldigungen in Kenntnis setzte. Dabei warnte er, dass der Geistliche ein "ernsthaftes Risiko" für junge Mädchen in seiner neuen Gemeinde darstellen könnte. Der Vatikan ordnete, wie aus den Unterlagen hervorging, lediglich eine Überwachung Jeyapauls durch den zuständigen Bischof an, um Risiken vorzubeugen und "keinen Skandal unter den Gläubigen" auszulösen.

Bischof A. Amalraj vom Bistum Ootacamund im indischen Unionsstaat Tamil Nadu bestätigte, dass der verdächtige Geistliche weiter in der Schulverwaltung der Diözese arbeite. Dabei habe er keinen Kontakt zu Frauen und Kindern. Mit den Vorwürfen gerät der Präfekt der Glaubenskongregation, Kurienkardinal William J. Levada, weiter unter Druck. Der US-Kardinal soll laut Medienberichten Mitte der 1990er Jahre als Erzbischof von Portland einen pädophilen Priester versetzt haben, ohne die Mitglieder der betroffenen Gemeinde zu informieren.

Deutsche Opfer-Hotline läuft heiß

Bei der Hotline der katholischen Kirche für Missbrauchsopfer in Deutschland melden sich weit mehr Menschen als von den Organisatoren erwartet: Vor der Osterpause seien von Dienstag bis Donnerstag vergangener Woche 13.293 Anruf-Versuche von 2670 Anschlüssen registriert worden, sagte ein Sprecher des Bistums Trier am Dienstag. "Mit einer derart großen Resonanz hatten wir nicht gerechnet", sagte der Sprecher Stephan Kronenburg. Nach seinen Angaben konnten die Berater bisher erst etwa 18 Prozent der Anfragen beantworten.

Die Anrufer-Zahlen bei der Hotline zeigen den Verantwortlichen "die Dimension des Problems". Die Berater hätten in den ersten drei Tagen 394 Telefongespräche geführt und in 91 weiteren Fällen online beraten, zog Kronenburg Bilanz nach dem Start. In erster Linie meldeten sich Opfer oder Angehörige von Opfern bei der Hotline (Telefonnummer in Deutschland: 0800 - 120 1000). "Das Angebot wird im Wesentlichen von denen wahrgenommen, für die es gedacht ist." Anrufer, die nicht sofort durchkommen, können ihre Nummer für einen Rückruf hinterlassen.

Auffallend sei, dass für die Hilfesuchenden bei der Hotline nicht nur Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter eine Rolle spiele, sondern auch Misshandlung, sagte Kronenburg. "Aber da sind die Grenzen ja fließend." Wenn etwa ein Schüler mit einem Stock auf den nackten Po geschlagen worden sei, stelle sich auch die Frage, wo der sexuelle Missbrauch beginne. Im Wesentlichen würden Fälle aus den 60er oder 70er Jahren geschildert.

Betreut wird die Hotline im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz von der Lebensberatung des Bistums Trier, die dafür geschulte Berater und Therapeuten einsetzt. Der Bistumssprecher wies auch darauf hin, dass es schon länger eine gesonderte Hotline für ehemalige Heimkinder gibt (Tel.: 01804 - 100 400).

(Ag./Red.)

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