Britische Atheisten wollen Papst verhaften lassen

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Wegen der Missbrauchs-Skandale soll Papst Benedikt XVI. bei seiner Visite im September in London festgenommen werden. So ist es auch dem chilenischen Ex-Diktator Pinochet ergangen.

London. Mit jubelnden Massen hatte der Vatikan beim Besuch von Papst Benedikt XVI. im September in Großbritannien wohl ohnehin nicht gerechnet. Im Mutterland der anglikanischen Kirche blickt man auch 472 Jahre nach dem Bruch mit Rom immer noch mit gehöriger Skepsis auf die katholische Kirche und insbesondere den Stellvertreter Christi. Doch Benedikt droht nun noch weit größeres Ungemach: Die beiden atheistischen Autoren Richard Dawkins und Christopher Hitchens wollen den Papst wegen der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche in Großbritannien verhaften lassen.

Dawkins, der mit dem Buch „Der Gotteswahn“ einen Weltbestseller landete, meinte dazu: „Das ist ein Mann, dessen erster Instinkt es ist, wenn Priester mit heruntergelassenen Hosen erwischt werden, den Skandal zu vertuschen und die jungen Opfer zum Schweigen zu verurteilen.“ Nach seinen Angaben prüfen derzeit Juristen, ob eine Festnahme des Papstes auf britischem Boden möglich sei.

Christopher Hitchens argumentierte gegenüber der britischen Zeitung „Sunday Times“, der Papst stehe weder über noch außerhalb des Gesetzes. Durch das „institutionalisierte Verschweigen von Kinderschändung“ mache sich der Papst als das Oberhaupt der katholischen Kirche strafbar. Die eingeschalteten Anwälte sehen durch die Vertuschung der Fälle sexuellen Missbrauchs „Verbrechen gegen die Menschheit“ und diese könnten vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte verhandelt werden.

Schärfere Bestimmungen

Dass es bei der Einreise nach Großbritannien zu unliebsamen Überraschungen kommen kann, hat auch der chilenische Ex-Diktator Augusto Pinochet festgestellt. Er wurde 1998 in London wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgrund eines spanischen Haftbefehls verhaftet und fast zwei Jahre festgehalten. Israels Ex-Außenministerin Tzipi Livni sagte im Vorjahr einen Besuch ab, nachdem ein Bezirksrichter auf Antrag einer Palästinensergruppe einen Haftbefehl gegen sie erlassen hatte.

Die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz ausländischer Repräsentanten sollen zur Empörung von Menschenrechtsgruppen verbessert werden. Britische Gerichte lassen sich in ihren Urteilen aber traditionell ohnehin nicht von Staatsräson zügeln.

Dass es zu einer Verhaftung des Papstes kommen wird, kann ausgeschlossen werden. Da es Benedikt XVI. wesensfremd sein dürfte, ein Bad in der Menge zu nehmen, und er zudem rund um die Uhr von Personenschützern bewacht wird, scheint eine Festnahme allein physisch unmöglich.

AUF EINEN BLICK

Benedikt XVI. wird von 16. bis 19.September nach London, Glasgow und Coventry reisen. Die Atheisten Richard Dawkins und Christopher Hitchens lassen derzeit einen Haftbefehl prüfen, wonach der Papst wegen der Missbrauchsskandale bei der Einreise festgenommen werden könnte. Der Vatikan hat indes neue Richtlinien zum Umgang mit Missbrauch herausgegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2010)

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