Härtere Gangart gegen Pädophile

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Der Vatikan hat neue Richtlinien: Priester können ohne Prozess entlassen werden.

Rom. Das Dokument sieht aus wie das flüchtige Ergebnisprotokoll einer Arbeitsbesprechung. Man erfährt aber nicht, wer die Teilnehmer waren. Der Text trägt kein Datum, er trägt keine Unterschrift. In solch ungewöhnlicher Form hat der Vatikan am Montag per Internet seine neue „Einführung“ zum Umgang mit pädophilen Klerikern veröffentlicht.

Dabei hat es das Dokument in sich. Unter erheblicher Verschärfung der bisherigen Bestimmungen sieht es vor, dass der Papst „in wirklich schwerwiegenden Fällen“ einen pädophilen Kleriker „von Amts wegen“ in den Laienstand versetzen, also entlassen kann.

Das gilt nicht nur für Priester, die per Gerichtsverfahren überführt sind, sondern auch in Fällen, in denen allein die „Indizien erdrückend“ sind. Eines Prozesses bedarf es dann nicht; die Entscheidung des Papstes ist unanfechtbar.

Zusammenarbeit mit Gerichten

Ferner werden schuldige Priester, die von sich aus um Laisierung bitten, unmittelbar entlassen. „Zum Wohl der Kirche entspricht der Papst solchen Gesuchen“, heißt in dem Dokument.

Damit reagiert der Vatikan wohl auf einen US-amerikanischen Fall, in dem die Laisierungsbitte eines von weltlichen Gerichten bereits verurteilten Priesters vier Jahre lang unbeantwortet bei der Glaubenskongregation liegen geblieben war, und in dem der damalige Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 1985 persönlich den zuständigen Bischof zu zeitraubenden, „genaueren Prüfungen“ aufgefordert hat. Das ist einer jener Fälle, in denen dem heutigen Papst vorsätzliche Vertuschung nachgesagt wird.

Erstmals, aber in seltsam gewundener Formulierung, schreibt der Vatikan auch eine Zusammenarbeit mit der weltlichen Gerichtsbarkeit ausdrücklich vor: „Staatliche Gesetze zur Meldung von Missbrauchsfällen an die zuständigen Autoritäten sollen immer eingehalten werden.“

Aus dem Text ist zu schließen, dass es sich bei den neuen Bestimmungen um die ersten Eckpunkte einer größeren Reform handelt; die Glaubenskongregation, heißt es, arbeite „seit einiger Zeit an der Aktualisierung“ entsprechender Vorschriften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2010)

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