Psychotherapeuten: Kritik an Kirche

(c) APA (DPA)
  • Drucken

Nach Missbrauchsfällen: „Opferanwältin Klasnic bald heillos überfordert.“

WIEN (red./stög.). Scharfe Kritik an der katholischen Kirche kam am Dienstag vom Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP). „Die Kirche beschäftigt sich mit Schadensbegrenzung – für sich selbst“, meinte ÖBVP-Anwältin Eva Plaz. Waltraud Klasnic, von Kardinal Christoph Schönborn als Opferanwältin für die Missbrauchsfälle in der Kirche eingesetzt, sei „ohne Kompetenzen in der Opfer- oder Täterarbeit“ und werde „bald heillos überfordert“ sein.

„Sie hat angekündigt, mit den Opfern reden zu wollen. Aber ohne Ausbildung droht eine Retraumatisierung“, warnte die Expertin. Klasnic sei von der Kirche bestimmt, diese bezahle, bekomme die Ergebnisse – und behalte somit die Kontrolle. „Interessant, dass man es wagt, das unabhängig zu nennen“, kritisierte Plaz.

Laut ÖBVP seien mittlerweile fast 700 Verdachtsfälle registriert. Eva Mückstein, Präsidentin des Bundesverbandes für Psychotherapie, erklärte, es sei „enorm wichtig, dass die Betroffenen sich an eine unabhängige Stelle wenden können und von Experten betreut werden“. Das Risiko einer erneuten Traumatisierung sei groß.

Diözese Linz: 100 Hinweise

Mückstein fordert die Einrichtung eines von der Kirche gespeisten Opferfonds. Damit könnte etwa die Psychotherapie bezahlt werden. Zudem müssten „alle Täter aus der Priesterschaft sofort alle Ämter zurücklegen“.

Unterdessen sind bei der Kommission gegen Missbrauch und Gewalt der Diözese Linz seit Jahresbeginn 100 Hinweise auf Missbrauch eingegangen. 30 konkrete Verdachtsfälle sollen in den kommenden Tagen an die Staatsanwaltschaften übermittelt werden. Das berichtete der Leiter der Kommission, Josef Gruber, am Dienstag.

Im Fall eines 60-jährigen Mannes aus dem Bezirk Neusiedl/See, der verdächtigt wird, drei minderjährige Mädchen ein Jahr lang sexuell missbraucht zu haben, gibt es jetzt eine weitere Festnahme: Nun klickten auch für den 39-jährigen Sohn des Mannes die Handschellen. Er soll eines der drei Mädchen über einen Zeitraum von 15 Monaten sexuell missbraucht haben, berichtete die Polizei. Am Wochenende war bekannt geworden, dass der 60-Jährige Schülerinnen im Alter zwischen 13 und 14 Jahren begrapscht und ihnen Pornovideos gezeigt haben soll. Damit er sie angreifen durfte, soll er ihnen Geld und Zigaretten gegeben haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.