Razzia in Kirche: Missbrauchs-Kommission gibt auf

Belgien Razzia Bischof
Belgien Razzia Bischof(c) EPA (Marc Gysens)
  • Drucken

Die Brüsseler Staatsanwaltschaft hat die Büros der belgischen Bischöfe und der kirchlichen Ermittlungs-Kommission durchsucht. Aus Protest hat die Missbrauchs-Kommission ihre Arbeit eingestellt.

Die Razzia in kirchlichen Institutionen in Belgien hat Nachwirkungen: Die Mitglieder einer Kommission für Opfer sexuellen Missbrauchs haben die Arbeit eingestellt. "Weitermachen ist sinnlos", sagte der Vorsitzende der Kommission, Kinderpsychiater Peter Adriaenssens, am Montag in Brüssel. Offensichtlich halte sich die belgische Staatsanwaltschaft nicht an Absprachen mit der Kommission. Das Vertrauen zwischen der Kommission und der Justiz sei zerstört, sagte das Ausschuss-Mitglied Karlijn Demasure.

Das Untersuchungsgremium unter der Leitung des renommierten Professors Adriaenssens von der Katholischen Universität Leuven (Löwen) war von der belgischen Bischofskonferenz geschaffen worden, um einen Überblick über den Umfang der Missbrauchsfälle zu erarbeiten. 475 Akten der Kommission wurden am Donnerstag im Rahmen von Hausdurchsuchungen in Bistumsverwaltungen und kirchlichen Einrichtungen beschlagnahmt. Papst Benedikt XVI. verurteilte die Durchsuchungen am Wochenende als "beklagenswert und verwunderlich".

"Für Opfer und Kirche bedauerlich"

Adriaenssens, der von Justizminister Stefaan De Clerck als "Weltautorität in Sachen Missbrauch" bezeichnet wurde, kritisierte die Beschlagnahmen durch die Staatsanwaltschaft: "Ich dachte, dass es klare Absprachen mit der Justiz gebe. Aber offensichtlich gelten die nicht." Adriaenssens sagte, seine Untersuchungskommission habe sich verpflichtet, keine Vorgänge zu bearbeiten, in denen es um noch heute strafrechtlich relevante Vorfälle gehe. "Daran haben wir uns gehalten. Und dennoch hat man uns alle Akten weggenommen."

Zum Rücktritt der Untersuchungskommission sagte ein Sprecher der belgischen Bischofskonferenz: "Das ist sowohl für die Opfer als auch für die Kirche sehr bedauerlich."

Justizminister De Clerck wies die scharfe Kritik des Papstes an den Hausdurchsuchungen in den Bistumsverwaltungen und Befragungen von Bischöfen zurück. Die Kirche habe das Recht, sich selbst zu organisieren - doch seien Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs Sache der Justiz, sagte der Minister in einer Fernsehdiskussion. Die Bischöfe seien nicht anders als andere Zeugen behandelt worden.

Bischöfe neun Stunden festgehalten

Die belgischen Bischöfe waren nach Angaben von Radio Vatikan neun Stunden lang festgehalten worden, Mobiltelefone und vertrauliche Unterlagen seien beschlagnahmt und die Gräber von zwei Kardinälen aufgebrochen worden. Gerechtigkeit müsse hergestellt werden, aber im Respekt vor der Kirche, mahnte Benedikt in einem Schreiben an den Vorsitzenden der belgischen Bischofskonferenz, André-Joseph Léonard.

Im April war der Bischof von Brügge, Roger Vangheluwe, wegen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes zurückgetreten. Der 74-Jährige hatte eingeräumt, sich vor rund 25 Jahren wiederholt an einem Buben vergangen zu haben - auch noch, als er bereits Bischof war.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.