Schakfeh: "Muslime sind besser als ihr bisheriger Ruf"

Symbolbild Moschee in der Pelzgasse
Symbolbild Moschee in der Pelzgasse(c) Clemens Fabry
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Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft hofft, dass künftig zumindest in jeder Landeshauptstadt eine Moschee mit Minarett stehen wird. Eine Deutsch-Pflicht vor der Zuwanderung hält er für "nicht machbar".

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), Anas Schakfeh, wünscht sich langfristig in jeder Landeshauptstadt Österreichs eine nach außen erkennbare Moschee inklusive Minarett. "Das ist die Hoffnung für die Zukunft", sagte er im APA-Interview: "Denn auf lange Sicht kann man Menschen nicht verbieten, ihre wirkliche religiöse Freiheit, die verfassungsgeschützt ist, auszuüben."  So hätten etwa evangelische Christen noch vor rund 150 Jahren keine Kirchen mit Türmen errichten dürfen, nun störe das niemanden mehr.

"Die Anzahl der muslimischen Bevölkerung ist bei einer halben Million angelangt, was wir an Bethäusern haben, reicht nicht aus", betonte Schakfeh die Notwendigkeit, die Infrastruktur für die Muslime auszubauen. "Selbstverständlich können wir auch in Moscheen ohne Minarett beten", so Schakfeh, "aber eine Kirche hat eine Struktur, eine Architektur. Und eine Moschee hat auch eine Architektur". Und wie bei christlichen Kirchen gebe es auch bei islamischen Gebetshäusern unterschiedliche Stile. "Es kann sich ein Stil für Mitteleuropa entwickeln", glaubt der IGGiÖ-Präsident. Man könne Kompromisse bei der Höhe der Minarette eingehen, auch Lautsprecher müssten nicht angebracht sein.

Mehr Anlaufstellen für Muslime

Durch die anstehenden Wahlen - ab November wählen die Muslime in Österreich eine neue Vertretung - plant die Glaubensgemeinschaft, kurzfristig in jeder Landeshauptstadt zumindest ein Verwaltungsgebäude zu betreiben. Derzeit gebe es dies neben Wien noch in Graz, Bregenz und Linz. In Klagenfurt wurde soeben ein Objekt gefunden. Die Büros sollen neben Anlaufstellen für Muslime auch Informationsstellen für am Islam Interessierte sein.

Die Anlaufstellen und die stärkere Präsenz der Muslime in der Öffentlichkeit sollen auch helfen, Vorurteile abzubauen. "Das falsche Bild kann man nicht einfach durch plakatieren oder reden verbessern, sondern die Praxis wird das machen", meinte Schkfeh. Je mehr Menschen etwas mit Muslimen zu tun hätten, desto besser. "Natürlich sind nicht alle Muslime Engel, wir sind normale Menschen wie alle anderen auch. Aber wir sind viel besser als unser derzeitiger und bisheriger Ruf."

Deutsch-Pflicht vor Zuwanderung "nicht machbar"

Die von der Regierung geplante Deutsch-Pflicht vor der Zuwanderung ist für Schakfeh schlicht "nicht machbar". Da die Möglichkeiten für Kurse oft nur in den Hauptstädten der Herkunftsländer bestünden, müssten Zuwanderer so zweimal emigrieren - "einmal von der Provinz in die Hauptstadt und dann nach Österreich".

"Wir setzen keine schlechte Absicht der Innenministerin oder der ÖVP insgesamt voraus. Das kommt davon, dass die Parteien miteinander konkurrieren", so Schakfeh zu den politischen Plänen beim Ausländer-Thema. Manche Vorschläge seien allerdings "eben nicht durchführbar", etwa die Deutsch-Pflicht vor dem Zuzug. "Wo soll das geschehen? Meistens gibt es nur in den Hauptstädten die Möglichkeit, das zu lernen." Mit Innenministerin Maria Fekter (V) könne man über solche Themen allerdings "in aller Ruhe streiten".

"Monopol auf Fremdenfeindlichkeit"

Die aktuelle FPÖ-Kampagne zu den anstehenden Wahlen in der Bundeshauptstadt ("Mehr Mut für unser 'Wiener Blut - Zu viel Fremdes tut niemandem gut") verurteilt Schakfeh, wundert sich aber auch nicht, da die Freiheitlichen ein "Monopol auf Fremdenfeindlichkeit" hätten. "Wir glauben, dass diese Partei nicht und niemals aufhören wird, solche Ideen und auf solche Parolen zu verwenden. Denn ansonsten haben sie ein dünnes Programm oder gar keines." Eine Wahlempfehlung oder -warnung gibt es von der IGGiÖ allerdings nicht: "Das werden wir nicht tun, denn die Menschen sind nicht dumm."

FPÖ und BZÖ empört

Empört reagierten FPÖ und BZÖ auf die Äußerungen Schakfehs. FP-Generalsekretär Harald Vilimsky bezeichnet Moscheen als "Brutstätten des radikalen Islams" und verlangt ein "Zuwanderungsverbot für Personen aus dem islamischen Raum". Ähnlich BZÖ-Menschenrechtssprecher Gerald Grosz, der Moscheen als "Widerstandsnester einer demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Parallelgesellschaft" darstellt und ein "Bauverbot für Moscheen und Minarette" in allen Bundesländern verlangt.

(APA)

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