Priestermangel: Rebellion in Salzburgs Kirchenbasis

Rebellion Salzburgs Kirchenbasis
Rebellion Salzburgs Kirchenbasis(c) Clemens Fabry
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Eine Initiative fordert die Abschaffung der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester und die Weihe von Frauen zu Diakoninnen. Wenig Freude mit den Forderungen hat Erzbischof Alois Kothgasser.

Salzburg. Die katholische Kirche in der Stadt Salzburg steht unmittelbar vor einem Umbruch: In den kommenden Monaten sollen aus den bisher 24Pfarren der Stadt sechs bis sieben Pfarrverbände werden, die sich Priester und Laienmitarbeiter teilen. Bis zum Jahr 2013 stehen nämlich zehn von derzeit 27Priestern in der Stadt Salzburg zur Pensionierung an. Nachwuchs gibt es kaum.

Was in den Salzburger Landgemeinden längst üblich ist – nämlich dass ein Priester für zwei bis drei Pfarren zuständig ist –, sorgt in der Stadt für Unruhe und Sorge unter den Katholiken. In Taxham, einer Pfarre im Westen der Landeshauptstadt, hat eine Pfarrgemeindeinitiative gemeinsam mit Vertretern aus 13 anderen Pfarren deshalb einen Forderungskatalog formuliert, mit dem man dem drohenden Priestermangel begegnen könnte. Brisante Themen innerhalb der katholischen Kirche blieben dabei nicht ausgespart.

Die Laien verlangen nichts weniger als die Wahlfreiheit von Priestern zwischen Zölibat und Ehe, die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, die Rückholung von Priestern ohne Amt in die Pastoralarbeit, die Anerkennung von bestehenden Beziehungen von Pfarrern und die stärkere Einbeziehung von Laien in die Seelsorgearbeit. „Der von der Kirchenleitung vorgelegte Plan überfordert hauptamtliche MitarbeiterInnen, belastet Ehrenamtliche und lässt die Gläubigen im Stich“, sagt Veselko Prlic, der Sprecher der Initiative, zu den Plänen für Pfarrverbände.

Rückhalt in der Bevölkerung

Der gebürtige Kroate, der seit rund 30 Jahren in der Stadt Salzburg lebt, ist seit Langem Pfarrgemeinderat im Stadtteil Taxham. Mit den Pfarrverbänden sei nicht sichergestellt, dass künftig alle Gemeinden jeden Sonntag eine heilige Messe feiern können.

Für die Reformideen erhalten Prlic und seine Mitstreiter – immerhin stehen Menschen aus mehr als der Hälfte der Stadtpfarren hinter der Initiative – viel Rückhalt aus der Bevölkerung. Wenig Freude mit den Forderungen hat hingegen Erzbischof Alois Kothgasser.

Er sieht in den Vorschlägen keine Lösung des Problems. Reformen müssten der gesamtkirchlichen Ordnung verpflichtet bleiben, betont Kothgasser.

Erzbischof warnt vor Spaltung

Er ortet „bedenkliche Defizite in ihrem theologischen und geistlich-spirituellen Verständnis“ und spricht gar von neuen Spaltungstendenzen. „Die Vorschläge beziehen sich auf Dinge, die wir in Salzburg nicht ändern können“, sagte Wolfgang Kumpfmüller, Pressesprecher der Erzdiözese, zur „Presse“. Man könne sich nicht über Rom hinwegsetzen.

Zur Kritik von Erzbischof Kothgasser an seinen Aussagen will Prlic im Gespräch mit der „Presse“ nicht Stellung nehmen. Er warte auf einen Termin mit dem Erzbischof, um im persönlichen Gespräch die Themen zu besprechen und etwaige Missverständnisse aufzuklären. „Wir wollen klar vermitteln, dass wir mit unseren Forderungen auf dem Boden des Katholizismus stehen“, sagt Prlic.

Die Pläne, die in der Stadt Salzburg derzeit für Unruhe sorgen, sind in den meisten ländlichen Regionen freilich schon längst Realität. Die Pfarrverbände, bei denen ein Priester für zwei bis drei Gemeinden zuständig ist, wurden in den vergangenen Jahren umgesetzt. Es gebe durchwegs gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit, meint Pressesprecher Kumpfmüller. Die 64 Pfarrverbände werden derzeit noch von 185 Priestern betreut. Eine Zahl, die in den nächsten Jahren stark sinken wird, weil etwa die Hälfte der Pfarrer in der Erzdiözese vor der Pensionierung steht, und nur zwei bis drei Männer pro Jahr neu zum Priester geweiht werden.

Aber auch die Zahl der Katholiken sinkt wie in ganz Österreich seit Jahren: In der Stadt Salzburg sind rund 70.000 Personen Mitglied der katholischen Kirche und machen nicht einmal mehr die Hälfte der Einwohner aus. Die Sonntagsmesse besuchen rund 8000. Nächste Woche sollen die neuen Zahlen veröffentlicht werden. Ein neuer Negativrekrod ist sicher.

Auf einen Blick

Der Rückgang der Priesterzahl führt regelmäßig zur Forderung nach Reformen in der katholischen Kirche – jetzt eben auch in der Stadt Salzburg, wo mehrere Pfarrer-Pensionierungen anstehen. Die Rufe nach einem Ende des Zölibats und nach der Weihe von Frauen zu Diakoninnen werden auch seitens der Pfarrer- und der Laieninitiative sowie der Plattform „Wir sind Kirche“ laut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2011)

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