'Staat im Staat': Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien

Kirchenkritiker Volksbegehren
Kirchenkritiker Volksbegehren(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Kirchenkritische Organisationen sammeln ab 15. März Unterschriften. Sie wollen etwa ein Ende des Konkordats und eine staatliche Untersuchung der Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen.

Mit einem Volksbegehren wollen mehrere kirchenkritische Organisationen staatliche Privilegien der Kirche abschaffen. Verlangt wird etwa eine Ende des Konkordats mit dem Vatikan für eine "klare Trennung von Kirche und Staat" sowie die Streichung "gigantischer Subventionen". Ein weiteres Ziel des Volksbegehrens ist die Aufklärung der kirchlichen Missbrauchsfälle durch den Staat. Ab 15. März werden Unterstützungserklärungen gesammelt, kündigten die Initiatoren an.

Mehr: Die Forderungen im Wortlaut ...

"Der Staat muss jährliche Millionenzahlungen an die römisch-katholische Kirche leisten", lautet einer der Kritikpunkte des Volksbegehrens. Katholische Privatschulen und Kindergärten seien steuerfinanziert, religiöse Universitäten und Hochschulen vom Staat bezahlt, aber vom Vatikan kontrolliert. Kritik gibt es auch daran, dass kirchliche Besitztümer vielfach grundsteuerbefreit seien und kirchliche Güter oft aus Mitteln der Allgemeinheit saniert würden. Für EU-Agrarförderungen an den "Großgrundbesitzer Kirche" sollte laut den Initiatoren des Volksbegehrens eine Obergrenze gelten.

Die Plattform erwähnt auch, dass der Kirchenbeitrag steuerlich absetzbar sei und dem Staat somit Einnahmen verloren gehen würden. Auch die Administration der "Steuereintreibung" werde staatlich unterstützt, behördliche Meldedaten würden der Kirche zur Verfügung gestellt. Kritik gibt es weiters an der Spendenabsetzbarkeit, die "fast ausschließlich kirchlichen Einrichtungen zugute" käme. Auch auf vom Staat bezahlte Zivildiener würden kirchliche Einrichtungen zugreifen.

"Staat im Staat"

Ein weiterer Kritikpunkt: Der Klerus habe mit dem Kirchenrecht ein eigenes Rechtssystem installiert, einen "Staat im Staat". Als Beispiel wird die durch Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferschutzanwaltschaft genannt. Die Missbrauchsfälle sollten stattdessen gleich in die Hände der Justiz gegeben werden. Auch am katholischen Religionsunterricht gibt es Kritik: Die Abmeldung davon werde erschwert, indem Religionsstunden in der Mitte des Schultages stattfinden.

Das Konkordat - eine völkerrechtliche Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vatikan - schränke die Autonomie Österreichs in kirchlichen Belangen stark ein und erkenne der Kirche in Österreich "eine privilegierte, öffentlich-rechtliche Stellung" zu, kritisiert die Plattform. Erreichen will man dessen Aushebelung durch den Umweg über ein Verfassungsgesetz.

Auch der ORF bleibt vom Kirchenvolksbegehren nicht unberührt. Dieser sei per Vertrag gezwungen, ausführliche Religionssendungen auszustrahlen, so die Plattform. Diese seien "vatikannahe Belangsendungen" und würden aus Mitteln der Allgemeinheit bezahlt. Kirchenvertreter hätten außerdem einen eigenen Sitz im stiftungs- und Publikumsrat.

Unterstützung bis 15. Oktober

Die Unterstützungserklärungen werden ab 15. März in den Ämtern von 200 Städten und Gemeinden aufliegen. Bewohner kleinerer Gemeinden müssen die Formulare aus dem Internet laden, sie am Gemeindeamt unterschreiben und an das Volksbegehrensbüro senden. Notwendig sind 8032 Unterstützungserklärungen, um das Volksbegehren auch wirklich einleiten zu können. Die Möglichkeit zur Unterschrift besteht bis 15. Oktober dieses Jahres.

Die Organisatoren erwarten sich zumindest 100.000 Unterschriften bei einem Volksbegehren. Finanziert wird es aus privaten Spenden, Namen von prominenten Unterstützern will man zumindest jetzt noch nicht preisgeben. Organisiert wird das Volksbegehren von mehreren Organisationen wie der Plattform "Betroffene Kirchlicher Gewalt", dem Freidenkerbund Österreich und der Giordano-Bruno-Stiftung. Zu Koordination soll ein eigener Verband gegründet werden. Vorläufiger Name: "Initiative gegen kirchliche Privilegien - Religion ist Privatsache."

Kirchenvolks-Begehren mit 505.154 Unterschriften

Bereits 1995 initiierte die Plattform "Wir sind Kirche" ein sogenanntes Kirchenvolks-Begehren, das allerdings eine Unterschriftensammlung und kein wirkliches Volksbegehren war. 505.154 Menschen unterschrieben damals unter anderem für mehr Mitsprache, Gleichberechtigung der Frauen und die Abschaffung des Pflichtzölibats.

(APA)

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