Missbrauch in der Kirche: Kritik an Klasnic-Kommission

Sexueller Missbrauch in der Kirche
Sexueller Missbrauch in der Kirche(c) dapd (Matthias Schrader)
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Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt kritisiert, dass "ranghohe kirchliche Würdenträger" durch die Kommission bevorzugt behandelt würden.

Die Opferschutzkommission unter der Leitung von Waltraud Klasnic hat jener heute 45-jährigen Frau, die mehrere Geistliche wegen sexueller Nötigung angezeigt hatte, eine Entschädigung von 15.000 Euro zuerkannt. Die finanzielle Hilfe wird für jenen Fall gewährt "als sie noch minderjährig" war, heißt es in einem Schreiben der Opferschutz-Stiftung der katholischen Kirche, die nach der Entscheidung der Klasnic-Kommission die Auszahlung an die betroffene Frau vornimmt.

Die Entschädigung bekommt die Frau für den angezeigten Fall der sexuellen Nötigung durch einen Tiroler Franziskaner-Pater als sie noch minderjährig war. Die ebenfalls angezeigten Vorwürfe gegen einen ranghohen Kirchenangehörigen bleiben damit unberücksichtigt. Kommissionssprecher Herwig Hösele begründete diese Entscheidung damit, dass dieses Gremium grundsätzlich nur für zur Tatzeit minderjährige Opfer zuständig sei.

Kritik an Kommission

Heftige Kritik an der Entscheidung der Kommission übt die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt, welche die Frau vertritt. Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Kommission zeige damit "ein Mal mehr, dass sie nicht unabhängig ist. Während Opfer von wenig einflussreichen kirchlichen Tätern entschädigt werden, werden ranghohe kirchliche Würdenträger geschützt". Die Plattform fordert die Einleitung einer "tatsächlich unabhängigen Untersuchung". Dass die Klasnic-Kommission "ihren Auftraggeber Schönborn und den hochrangigen Geistlichen schützen will, mag aus ihrer Sicht erklärbar sein. Aus rechtsstaatlichen und demokratiepolitischen Gründen muss allerdings der Staat endlich einschreiten und der fortgesetzten Vertuschung ein Ende bereiten."

Die Klasnic-Kommission hat bei ihrer Entscheidung auch die Zurücklegung der Anzeigen durch die Staatsanwaltschaft Wien als auch das Ergebnis des sogenannten Clearing-Verfahrens berücksichtigt. Die Staatsanwaltschaft hatte die Anzeigen sowohl gegen den Tiroler Pater als auch gegen den hochrangigen Geistlichen zurückgelegt. Der Tiroler Pater hatte zunächst ein Schuldeingeständnis abgelegt, dieses später aber widerrufen. Auch Ermittlungen gegen Kardinal Schönborn, weil er laut Anzeige in seiner Zeit als Wiener Weihbischof von den Vorfällen informiert gewesen sein soll, wurden von der Staatsanwaltschaft Wien eingestellt.

"Bericht von Klasnic-Kommission ignoriert"

Bei dem "Clearing-Verfahren" handelte es sich um Gespräche mit einer Psychologin im Ausmaß von insgesamt zehn Stunden. In ihrem Bericht hatte die Psychotherapeutin aus "klinisch-psychologischer Sicht" einen "eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen den jahrelang wiederholt erlittenen sexuellen Missbrauchshandlungen, Gewalterfahrungen psychischer Art" und dem laut Gutachten Besorgnis erregenden psychischen Zustand der Betroffenen festgestellt. Empfohlen wurde eine Therapie und auch von einer möglichen Entschädigung in der Höhe von 70.000 Euro war die Rede.

Kommissionssprecher Hösele erklärte dazu, der Betrag von 70.000 Euro sei nicht von der Psychologin empfohlen worden, sondern das sei der Wunsch der betroffenen Frau gewesen. Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt kritisiert hingegen, dass der "Clearing-Bericht" von der Klasnic-Kommission einfach ignoriert worden sei. "Damit wird die Ernsthaftigkeit der Arbeit der Klasnic-Kommission ad absurdum geführt."

"Freiwillige Entschädigungsleistung"

Die Stiftung Opferschutz der katholischen Kirche weist in ihrem Schreiben an die Frau auch darauf hin, dass ihr die Kommission "eine großzügige psychotherapeutische Hilfestellung und Sofortintervention" mit Kosten von mehr als 13.000 Euro ermöglicht habe. Außerdem habe sich die Kommission auch dafür eingesetzt, dass ihr weitere Therapiemöglichkeiten ab Oktober angeboten werden können. Die Stiftung Opferschutz schreibt weiters, "dass das Ihnen widerfahrene große Leid materiell nie vollständig wieder gut gemacht werden kann." Die Frau wird gebeten, die Entscheidung als Versuch zu sehen, "ein Zeichen dafür zu setzen, dass Kirche und Gesellschaft sich heute ihrer Verantwortung auch gegenüber zeitlich länger zurückliegendem Unrecht, unabhängig von juristischen Verjährungsfristen und Rechtsverfahren, bewusst sind und deshalb eine freiwillige Entschädigungsleistung vornehmen".

(APA)

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