Lokalaugenschein: Freitagspredigt in M.'s Moschee

Archivbild: Mohamed M. bei einer Berufungsverhandlung im August 2009.
Archivbild: Mohamed M. bei einer Berufungsverhandlung im August 2009.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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In der Dar-us-Salam-Moschee am Gürtel hat Islamist Mohamed M. gepredigt. Dem Moscheeverein droht deswegen die Kündigung, die Nervosität ist groß.

[WIEN] „Sind Sie Moslem?“ Misstrauisch schaut der Mann mit schwarzem Bart und dem Pakol – der traditionellen afghanischen Kopfbedeckung – zur Eingangstür. „Keine Kamera“, folgt gleich danach. Das Freitagsgebet hat noch nicht begonnen, nur vereinzelt hocken einige Muslime auf dem Boden der Masjid Dar us-Salam. Jener Moschee am Hernalser Gürtel, in der der Islamist Mohamed M., der bis vor einem Monat eine vierjährige Haftstrafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verbüßen musste, vor einigen Tagen gepredigt hat. „Ja, er ist schon ein-, zweimal hier gewesen“, sagt ein groß gewachsener Mann, der sich als Dag vorstellt. Aber hier würden viele Menschen predigen, heute halte jedenfalls ein ganz anderer Imam die Predigt.

Erst nach und nach betreten weitere Gläubige das Kellerlokal mit dem unscheinbaren Eingang. Über einen rohen Ziegelboden im Eingangsbereich, eine Treppe hinunter auf den Teppichboden. Ein Gebetsraum wie viele andere in Wien. Allerdings einer, der nicht mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der offiziellen Muslimevertretung, verbunden ist. Man hat hier eben etwas andere Ansichten.

„Wer Allah fürchtet, den wird er auf den rechten Weg leiten“, spricht der Imam in bestem Deutsch in sein Mikrofon. „Aber“, hallt es durch den Gebetsraum, „viele Muslime fürchten nicht Allah, sondern die Kuffar.“ Kuffar, die Ungläubigen, ein Wort, das in der Predigt oft zu hören ist. Und das sich nicht nur auf Christen und Juden bezieht – sondern auch auf jene Muslime, „die nicht dem Koran und der Sunna folgen“. Auch die islamisch geprägten Staaten gehörten dazu, ruft der Prediger. Ägypten, Syrien, die Türkei – „sie alle werden von Kuffar regiert“. Jeder einzelne Moslem müsse bei sich selbst beginnen, egal, ob er nun in einem islamischen Staat lebe oder anderswo. „Die wahre Scharia“, ruft der Imam, „trägt man unter dem Herzen!“

Rund eine Stunde lang spricht der bärtige Prediger. Er spricht vom islamischen Staat, den Allah den Rechtgeleiteten versprochen habe. Vom fehlenden Engagement der Menschen für die Ummah, die Gemeinschaft der Muslime. Und dass vielen Muslimen die Dunja, das Diesseits, wichtiger wäre als Allah. Aber er spricht auch von Verfehlungen der Ungläubigen. „Wenn ein Priester junge Burschen missbraucht“, ruft er, „wird er in ein Gefängnis gesperrt! Was soll denn das für eine Strafe sein, wo er sich dort weiter beim Gedanken an junge Männer befriedigen kann?“ Was stattdessen mit ihm geschehen sollte? „Er soll auf dieser und in der nächsten Welt keinen Frieden mehr finden.“

Moschee droht Räumung

Es sieht derzeit aber eher danach aus, dass der Moscheeverein bald in seinem Frieden gestört wird. Nachdem bekannt wurde, dass Mohamed M. hier gepredigt hat, prüft der Vermieter laut „Kurier“ eine Aufkündigung des Mietvertrags. Und auch die Baupolizei könnte bereits bald mit einer Räumungsklage vor der Tür stehen, weil das Kellerlokal als Lagerraum gewidmet ist und nicht als Moschee genützt werden dürfte.

Geringer dürften die Konsequenzen für den ORF sein, der wegen eines anderen Islamisten ebenfalls ins Schussfeld geraten ist: So war Mittwochnacht im „Club 2“ mit Shaker Assem der Sprecher von „Hizb ut Tahrir“ geladen – einer Partei, die in Deutschland wegen Verhetzung verboten ist. Unter anderem deswegen, weil sie laut Berliner Verfassungsschutz „offen zum Krieg gegen Israel und zur Tötung von Juden“ aufgerufen habe. Im ORF rechtfertigt man sich damit, dass Assem als Vertreter einer konservativen islamischen Prägung geladen war – und vonseiten der österreichischen Behörden nichts gegen ihn vorliege.

Ob gegen Mohamed M. wieder etwas vorliegt, prüfen derzeit die Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Sie durchforsten die Videos des 26-Jährigen auf strafrechtlich relevantes Material. Zuletzt soll er am Dienstag wieder in der Dar-us-Salam-Moschee gesprochen haben – ein entsprechendes Video ging bisher allerdings nicht online. Und auch beim Freitagsgebet will man nicht allzu viel über ihn erzählen. Nur so viel: „Der, den Sie suchen“, sagt Dag nach dem Gebet, „ist nicht hier.“

Auf einen Blick

Unscheinbarer Eingang: In der Dar us-Salam-Moschee am Hernalser Gürtel predigte Mohamed M. nach seiner Haftentlassung. Beim Freitagsgebet war der 26-jährige Islamist aber nicht zu sehen. Die Moschee, in der auf Deutsch gepredigt wird, gehört nicht zur Islamischen Glaubensgemeinschaft, der offiziellen Vertretung der österreichischen Muslime.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15. Oktober 2011)

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