Ägypten: Koptische Kirche will Mitgliederzahl erheben

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Kopten Aegypten Zaehlung(c) AP (Nasser Nasser)
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Die Angaben der Regierung und der Kirche liegen weit auseinander. Die Kopten wollen nun alle Christen in Ägypten zählen. Die Christen erleben derzeit ihre "schwierigste Periode", sagt ein Bischof.

Der koptisch-orthodoxe Papst-Patriarch Shenouda III. hat eine offizielle kirchliche Zählung der Christen in Ägypten angeordnet, um den Angaben der Regierung zu begegnen. Für die Zählung werden Komitees in den einzelnen koptischen Diözesen verantwortlich sein, wie die Wiener ökumenische Stiftung "Pro Oriente" unter Berufung auf ägyptische kirchliche Kreise am Mittwoch laut Kathpress berichtet. Demnach sollen nicht nur die koptisch-orthodoxen Christen, sondern auch die Gläubigen der anderen christlichen Kirchen in Ägypten gezählt werden.

In der Ära Mubarak hat die Regierung die Zahl der Christen mit nur 3,3 Millionen (rund vier Prozent der Bevölkerung von 82 Mio. Menschen) angegeben. Shenouda III. hatte diese Zahl im Jahr 2008 zurückgewiesen und daran erinnert, dass nach kirchlichen Unterlagen allein die koptisch-orthodoxe Kirche mindestens zwölf Millionen Mitglieder habe. Im Jahr 2009 bezifferte eine US-Studie den Anteil der Christen in Ägypten mit fünf Prozent Bevölkerung.

Eine inoffizielle Zählung, die in Zusammenarbeit christlicher Organisationen mit der koptisch-orthodoxen Kirche durchgeführt wurde, kam zuletzt für alle Christen gemeinsam auf einen Anteil von 17 Millionen Gläubigen (20 Prozent).

27 tote Kopten bei "Maspero-Massaker"

Im Hinblick auf das "Maspero-Massaker" am 9. Oktober hat Shenouda III. alle vorgesehenen Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag seiner Wahl gestrichen. Die Feiern sollten am 14. November stattfinden. Am 9. Oktober war ein friedlicher Demonstrationszug koptisch-orthodoxer Christen in Kairo vom Militär angegriffen worden; 27 Kopten wurden getötet, mehrere Dutzend verletzt.

In der Vorwoche hatte Shenouda III. eine offizielle Delegation der islamischen Al-Azhar-Universität unter Führung von Prof. Ahmed Kamal Abdul Magdy empfangen. Die Delegation kondolierte dem Oberhaupt der koptischen Kirche zum Tod der Opfer des "Maspero-Massakers". Von beiden Seiten wurde betont, dass Ägypten des Dialogs bedürfe, um den Extremismus zurückzuweisen und die Werte der religiösen Toleranz zu verbreiten.

"Schwierigste Periode"

Ein koptisch-orthodoxer Bischof - Anba Stephanos El Moharraky von Beba - erklärte inzwischen bei einer Begegnung mit der internationalen katholischen Hilfsorganisation "Kirche in Not", die Christen in Ägypten durchlebten derzeit die seit Jahrhunderten "schwierigste Periode". Kirchen würden systematisch zerstört und niedergebrannt, friedliche koptische Demonstranten getötet. Die ägyptischen Sicherheits- und Justizbehörden würden islamistische Attacken auf Leben und Eigentum von Christen nicht verfolgen. In den ägyptischen Medien würden die Tatsachen systematisch verdreht. Im Fall des "Maspero-Massakers" sei es aber gelungen, die Videos über die Vorgänge in den Programmen der drei koptischen TV-Stationen auszustrahlen.

Probleme gebe es für die Kopten aber auch im Alltagsleben. So würden immer wieder Boykott-Aufrufe "Kauft nicht bei Christen" registriert. Auch würden Christen indirekt vom Arbeitsmarkt verdrängt, wenn es etwa in Stellenanzeigen heiße "Gesucht wird Mitarbeiterin, die Kopftuch trägt", berichtete der Bischof von Beba. Insgesamt gebe es von den Islamisten inspirierte Versuche, die Christen "aus dem Land zu drängen".

Der Bischof warnte davor, allzu große Hoffnungen auf die Wahlen in Ägypten zu setzen. Die Zukunft des Landes sei "absolut unklar". Zugleich unterstrich er die Notwendigkeit der Solidarität mit den Christen Ägyptens. Wörtlich meinte Anba Stephanos: "Wir beten um Freiheit und Frieden, nicht nur für Ägypten, sondern für die ganze Welt."

(APA)

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