Kirche: Pfarrer outete Ausgetretene im Pfarrblatt

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Ein Weinviertler Geistlicher veröffentlichte Namen der Personen im Pfarrblatt. Die Betroffenen zeigen sich über das Zwangsouting verärgert. Im Rahmen einer Messe entschuldigte sich der Pfarrer.

Wien/Bregenz/Red. Es passt zur derzeit laufenden Diskussion über die sogenannte „Liste der Schande“, auf der Namen von Steuersündern veröffentlicht werden sollen – der Pfarrer der Weinviertler Gemeinde Sitzendorf an der Schmida publizierte im Pfarrblatt die Namen von Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind.

Die Betroffenen sind verärgert, weil sie ihren Austritt nicht unbedingt öffentlich gemacht sehen wollten. Pfarrer Nicolaas Janssens sagte gegenüber dem ORF-Niederösterreich, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass er mit seinem Vorgehen Menschen verletzen würde. Er bedauere dies nun. Im Rahmen einer Messe habe er sich bereits entschuldigt, eine weitere offizielle Entschuldigung für das Outing soll im kommenden Pfarrblatt folgen.

Die für die Pfarre zuständige Erzdiözese Wien wies am Donnerstag in einer Aussendung darauf hin, dass die Veröffentlichung von Namen Ausgetretener „gesetz- und regelwidrig“ sei, und das „sowohl nach staatlichen (Datenschutz) wie nach kirchlichen Vorschriften“. Man werde aus gegebenem Anlass alle Pfarren erneut darauf hinweisen, dass die Ausgetretenen ein Recht auf Vertraulichkeit haben.

Missbrauch: Zögling klagt Kloster Mehrerau

Während es in Niederösterreich keine rechtlichen Konsequenzen geben dürfte, steht in Vorarlberg eine Klage gegen eine kirchliche Einrichtung bevor: Ein ehemaliger Internatsschüler des Privatgymnasiums des Bregenzer Zisterzienserklosters Mehrerau verklagt das Kloster wegen Missbrauchs in den 1960er-Jahren vor einem Zivilgericht auf 200.000 Euro Schmerzengeld und Verdienstentgang. Der Kläger war 14 Jahre alt, als die Übergriffe durch einen Pater begonnen haben sollen, mit 16 Jahren brach er die Schule schließlich ab. Der heute 57-Jährige argumentiert, dass er ohne Missbrauch das Gymnasium fertig absolviert, ein technisches Studium begonnen und in der Folge ein „normales Leben mit Job und Familie“ geführt hätte. So müsse er laut Klage ein „Vagabundendasein“ führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2012)

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