Kirche begräbt nun auch Ausgetretene

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Die Bischofskonferenz erlaubt Priestern, auch das Begräbnis von Verstorbenen zu leiten, die die Kirche verlassen haben, wenn die Angehörigen dies wünschen. Das geht aus dem aktuellen Amtsblatt hervor.

Wien/Gr. Katholische Priester dürfen ab sofort auch für aus der Kirche Ausgetretene ein Begräbnis feiern – wenn das im Einzelfall „im Sinn des Verstorbenen“ gewesen wäre oder er das zumindest nicht explizit ausgeschlossen hat. Das geht aus dem aktuellen Amtsblatt der österreichischen Bischofskonferenz hervor, das „Richtlinien für das Begräbnis von Verstorbenen, die aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten sind“ enthält.

Formalisierung gängiger Praxis

Mit dieser Maßnahme, die die Bischöfe schon im November beschlossen, aber erst jetzt veröffentlicht haben, gibt die Kirche konkrete Regeln für etwas vor, das in vielen Pfarren längst gängige Praxis war: „Oft erfahren Angehörige etwa nach dem Todesfall erstmals, dass der Verstorbene ausgetreten war“, sagt Paul Wuthe, Pressesprecher der Bischofskonferenz – in solchen Fällen hätten Pfarrer auch bisher schon die Möglichkeit gehabt (und genutzt), mit den Hinterbliebenen einen Trauergottesdienst abzuhalten.

Und eben für solche Vorgänge, die bisher in einem Graubereich stattgefunden haben, sollen in Zukunft klare Regeln gelten. In den Richtlinien unterscheidet die Kirche drei Situationen.

Wenn der Verstorbene noch selbst zu Lebzeiten oder im Testament zum Ausdruck gebracht hat, dass er wieder zur Kirche gehören will – in den Richtlinien lässt die Formulierung „ein Zeichen der Zugehörigkeit“ breiten Interpretationsspielraum –, „soll ein ortsübliches kirchliches Begräbnis gehalten werden“, wobei der Pfarrer oder Diakon die Feier leitet.

Für Ausgetretene, die ein kirchliches Begräbnis zwar nicht gewünscht, aber auch nicht ausgeschlossen haben, kann eine abgespeckte Zeremonie stattfinden: Die Begräbnisfeier mit Priester, Diakon oder Begräbnisleiter soll demnach nur in der Aufbahrungshalle und am Grab stattfinden – eine Aufbahrung in der Kirche ist in diesem Fall nicht vorgesehen.

Wenn der Verstorbene dagegen ein kirchliches Begräbnis ausgeschlossen hat, kann auf Ansuchen der Angehörigen trotzdem ein Priester am Begräbnis teilnehmen: Er soll sich den Richtlinien zufolge dann ohne liturgische Gewänder mit den Hinterbliebenen in den Trauerzug einreihen und zuvor den Sarg bei der Aufbahrung mit Weihwasser besprengen – „der Priester stellt sich so in die Reihe jener, die des Verstorbenen gedenken“, heißt es im Amtsblatt.

„Vorgesehen sind die Richtlinien vor allem, um Angehörige besser beim Abschied von dem Verstorbenen begleiten zu können“, erklärt Wuthe. Vor der Entscheidung, in welchem Ausmaß die Kirche in das Begräbnis eingebunden sein soll, soll jedenfalls ein Gespräch mit den Hinterbliebenen stattfinden – die letzte Entscheidung liege jedenfalls bei dem Priester, der eine dem konkreten Fall entsprechende Beteiligung wählen soll.

Keine Vorbildwirkung

Die Zustimmung des Vatikan habe man für die neue Regelung nicht eingeholt, sagt Wuthe: „Das war nicht notwendig, weil es einerseits nur um eine Frage der Seelsorge geht, nicht um eine Glaubensfrage.“ Und andererseits stelle sich die Frage nach ausgetretenen Verstorbenen nur in jenen wenigen Ländern, in denen die Religionszugehörigkeit so formalisiert sei – wie Österreich und Deutschland.

Rückschlüsse auf andere Zeremonien – etwa die Frage nach einer kirchlichen Hochzeit für Ausgetretene – lasse die neue Richtlinie aber nicht zu, so Wuthe. Während das Begräbnis vor allem Seelsorge für Angehörige sei, ginge es dabei um Sakramente – und die seien Katholiken vorbehalten.

Auf einen Blick

Die Bischofskonferenz hat Richtlinien aufgestellt, nach denen Priester Begräbnisfeiern für Verstorbene halten dürfen, die aus der Kirche ausgetreten sind. Bedingungen sind etwa, dass der Verstorbene ein kirchliches Begräbnis nicht dezidiert ausgeschlossen hat und dass die Angehörigen eines wünschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2012)

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