Die Gespielinnen der Superreichen

(c) ORF (Walter Reichl)
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Montenegro will zum Monte Carlo der Adria werden. Neue Häfen locken reiche Freizeitkapitäne an. Im Sommer floriert aber auch die Jachtprostitution.

Belgrad/Budva. Ein warmer Wind streicht über die Bucht von Kotor. An den Anlegestegen von „Porto Montenegro“ dümpeln stolze Luxusjachten im türkisfarbenen Gewässer. Einen Hauch von St. Tropez machen internationale Reisejournalisten bereits in der neuen Luxushafenanlage unweit von Tivat aus: Bis zu drei Millionen Euro sind für schicke Penthouse-Wohnungen in dem einst österreichisch-ungarischen Marinestützpunkt zu berappen.

Doch mit den superreichen Freizeitkapitänen ist das 630.000-Einwohner-Land zwischen Kroatien und Albanien im Sommer verstärkt zum Eldorado langbeiniger Saisonarbeiterinnen der Sexindustrie geworden: Laut lokalen Medien blüht an der Küste des seit 2006 unabhängigen Kleinstaats die Jachtprostitution. „Der Staat weiß, was auf den Jachten geschieht, aber unternimmt nichts“, titelte vergangene Woche die montenegrinische Zeitung „Vijesti“. Liljana Raicevic, die Direktorin des Frauenhauses in der Hauptstadt Podgorica, berichtete dem Blatt, das ihre Institution die Behörden schon lange vergeblich auf das Phänomen aufmerksam gemacht habe, das für jeden Bürger „sichtbar“ sei: „Auf vielen Jachten tummeln sich nackte und halbnackte Mädchen.“

Zufriedenstellende Antworten habe sie von zuständigen Stellen in den Touristenmetropolen Bar und Budva nicht erhalten: „Die Jachten sind außer Sicht der Behörden. Aber sie wissen, was dort geschieht – und tun nichts.“

Saftiges sommerliches Zubrot

Laut Recherchen der Tageszeitung „Press“ rekrutieren sich die „Eliteprostituierten“ nicht nur aus Mitarbeiterinnen einschlägiger Escortagenturen in den Hauptstädten der Region, sondern auch aus der großen Schar von Mannequins, Schauspielerinnen, Sängerinnen und Reality-Show-Größen in den Nachbarländern Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Pro Nacht könnten sie für ihre sexuellen Dienstleistungen auf den Jachten reicher Russen oder ex-jugoslawischer Tycoons ein sommerliches Zubrot zwischen 500 und 3000 Euro verdienen: „Meist werden sie für einige Tage angeheuert – und ihre Tarife sind zwei bis drei Mal so hoch wie in Belgrad.“

Entweder selbstständig oder auf Vermittlung von Agenturen fliegen die Gespielinnen der Superreichen laut „Press“ auf den Flughäfen von Tivat, Podgorica oder in der nahen kroatischen Touristenmetropole Dubrovnik ein. Von Luxuslimousinen am Flughafen abgeholt und an die Küste kutschiert, würden sie meist von abgelegenen Landestegen „diskret“ per Schnellboot zu den Jachten ihrer Kunden gebracht. Einige Mädchen seien „durchaus bekannte“ Größen in der regionalen Klatschpresse und wollen belebte Hafenorte lieber meiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2012)

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