"Vatileaks"-Affäre: Kurzer Prozess zum Auftakt

 Papst Benedikt XVI.
Papst Benedikt XVI.AP
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Nur drei Stunden dauerte der erste Prozesstag gegen den Papst-Kammerdiener, der ein Maulwurf war. Dann wurde vertagt.

Öffentliche Verfahren sehen üblicherweise anders aus: Der Prozess gegen den früheren Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, wurde am Samstag in einem kleinen Gerichtssaal hinter der Peterskirche eröffnet. Zu den Verhandlungen wurde lediglich ein Pool aus acht Printmedien- und Agenturjournalisten zugelassen, die den Kollegen dann über die Entwicklungen des Prozesses berichteten. Fotos oder TV-Bilder des Angeklagten im Gerichtssaal gab es keine.

Immerhin führen drei Richter das Verfahren gegen den 46 Jahre alten Gabriele. Dem früheren Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. wird Diebstahl und Weitergabe von päpstlichen Dokumenten vorgeworfen. Dafür drohen dem Vater von drei Kindern vier Jahre Haft, die er in einem italienischen Gefängnis verbüßen müsste, weil der Vatikan keine eigenen Gefängnisse hat.

Gabriele sieht sich als „Agent des Heiligen Geistes". Laut Anklageschrift wollte der vom Papst „Paoletto" (Paulchen) gerufene Kammerdiener Korruption im Kirchenstaat aufdecken und ausmerzen: Er habe überall in der Kirche Übel und Korruption gesehen, über die der Papst nicht hinreichend informiert sei.
Die von Benedikts Mitarbeiter gestohlenen und von italienischen Medien veröffentlichten Dokumente deuteten auf einen Machtkampf im Vatikan auf höchster Ebene hin. Mit Gabriele ist ein Computertechniker angeklagt, dem wegen Beihilfe ein Jahr Haft droht. Das Verfahren gegen ihn wurde am Samstag ausgeschieden. Wann er sich verantworten muss, war unklar.


Mehrere Zeugen sollen bei den nächsten Gerichtsverhandlungen gegen Gabriele einvernommen werden. Zu ihnen zählen auch der Privatsekretär des Papstes, Bischof Georg Gänswein, sowie eine Haushälterin des Heiligen Vaters aus der Geistlichen Gemeinschaft „Memores Domini" und sechs Gendarmen.
Auch Gabriele soll bei der Verhandlung am kommenden Dienstag aussagen. Er wurde gestern von einigen Gendarmen in den Gerichtssaal eskortiert. Kein Familienangehöriger begleitete den Ex-Butler, der regungslos den Prozessauftakt verfolgte.s-6;0s ?s-6;0s

(APA)

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