Adelsmayr: „Habe sie gereizt und provoziert“

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Der österreichische Mediziner Eugen Adelsmayr wies das Rashid-Krankenhaus im Prozess auf einen schweren grundsätzlichen Fehler hin – und dürfte so staatliche Behörden gegen sich aufgebracht haben.

Wien/Dubai/SIG. Was mit einem vermeintlichen Zwist, einer privaten Fehde unter Ärzten angefangen hatte, endete für den österreichischen Mediziner Eugen Adelsmayr am Sonntag vorläufig mit dem Gerichtsurteil „lebenslänglich“. Adelsmayr und einem indischen Kollegen wird vorgeworfen, 2009 einen Patienten durch unterlassene Hilfeleistung getötet zu haben – doch der indische Kollege wurde freigesprochen.

Adelsmayr erklärt sich das harte Urteil gegen ihn (im Gegensatz zu dem seines Ex-Kollegen) damit, dass er die Krankenhausverwaltung des Rashid-Spitals im Prozess auf einen schweren grundsätzlichen Fehler hingewiesen hatte: Die „Nicht-Wiederbeleben-Richtlinie“ besagt, dass bei bestimmten Krankheiten oder Verletzungen nicht reanimiert werden soll. Die Regel ist illegal, denn in den Vereinigten Arabischen Emiraten muss eine Wiederbelebung laut Gesetz ausnahmslos immer versucht werden, hirntote oder hoffnungslose Patienten sind davon nicht ausgeschlossen. „Im Krankenhaus“, sagte Adelsmayr im Gespräch mit der „Presse“, „haben sie nach einer ungenauen Hirntod-Diagnostik die Maschinen abgedreht und zig-fach Mord begangen, dabei waren die Patienten oft nicht einmal hirntot.“

Dokument plötzlich verschwunden

Nachdem er vor Gericht darauf hingewiesen hatte, dementierte das Rashid-Hospital die Existenz der Richtlinie, zwei Wochen später war sie auch aus dem Intranet des Krankenhauses verschwunden. Doch Adelsmayr hatte das Original aufgehoben. „Das habe ich ihnen hingeknallt und gesagt: Was ihr mir fälschlich vorwerft, das wird in dem Krankenhaus seit Jahren praktiziert“, sagt der Oberösterreicher. „Dann war Feuer am Dach. Ich habe sie dadurch gereizt und provoziert, sie dachten: Jetzt erst recht, jetzt machen wir ihn fertig“, erklärt sich der 53-Jährige die Situation. Denn mit dem Hinweis dürfte er nicht nur die Krankenhausverwaltung gegen sich aufgebracht haben, sondern auch die staatliche Dubai Health Authority, der das Rashid-Hospital untersteht. „So ist die persönliche Fehde, geschickt eingefädelt, eskaliert“, meint Adelsmayr. Der Intensivmediziner ist überzeugt, dass alles anders gekommen wäre, wenn er nicht auf den Fehler aufmerksam gemacht hätte.

Unveröffentlichtes Material

Im Oktober 2009 schickte die Krankenhausleitung dann ein Rundschreiben an alle Mitarbeiter aus, in dem die angeblich nicht existierende Richtlinie offiziell für ungültig erklärt wird.

An ihrer Entwicklung maßgeblich beteiligt war übrigens Dr. Hassan F. – jener Arzt, der zusammen mit einem Kollegen Anzeige gegen Adelsmayr erstattet hatte. Gegen sie will der Bad Ischler nun vorgehen. Dabei helfen sollen neue Dokumente, die er demnächst veröffentlichen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2012)

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