Blasphemie: Jagd auf Lehrerin

Blasphemie: Jagd auf Lehrerin
Blasphemie: Jagd auf Lehrerin(c) EPA (RAHAT DAR)
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Ein wütender Mob stürmte eine Schule, weil eine Lehrerin Prophet Mohammed beleidigt haben soll. Die Polizei fahndet nach ihr.

Islamabad/Wien/Sig/Ag. In Pakistan kam es erneut zu Ausschreitungen wegen vermeintlicher Blasphemie: Etwa 250 Personen stürmten eine Mädchenschule in Lahore, weil eine Lehrerin in einer Hausaufgabe den Propheten Mohammed beleidigt haben soll. Berichten zufolge legten die Angreifer, darunter Eltern, Anrainer und kleine Buben, ein Feuer, zerstörten Möbel und zündeten das Auto des Direktors an. Laut einem Polizeisprecher habe der Mob die Polizisten, die die Schule schützen sollten, überrannt und die Feuerwehr bei der Arbeit behindert. Während der Direktor der Schule bereits verhaftet wurde, soll die Pädagogin Arfa Iftikhar untergetaucht sein. Die Polizei sucht nach ihr.

Berichten zufolge habe Iftikhar einen islamischen Text aus einem Übungsbuch abgeschrieben, dabei sei ihr in der Eile ein Fehler unterlaufen. „Möglicherweise hat sie unabsichtlich eine Seite des Buches überblättert und ihren Text mit einem Absatz aus dem nächsten Kapitel beendet, in dem es um Bettler geht“, sagte Iftikhars Anwalt Jawad Ashraf zur BBC. Nachdem sich einige Eltern beschwert hatten, wurde die Lehrerin vergangene Woche gefeuert. Laut Polizei werde derzeit geprüft, ob es sich wirklich um einen Fall von Blasphemie handle oder um eine Verschwörung gegen den Direktor.

Im schlimmsten Fall droht Todesstrafe

Es wäre nicht das erste Mal, dass Pakistans umstrittenes Blasphemiegesetz missbraucht wird, um Minderheiten zu verfolgen oder persönliche Gegner anzugreifen. Das Gesetz, das im schlimmsten Fall die Todesstrafe vorsieht, verbietet die Beleidigung jeder Religion, wird aber praktisch nur bei angeblicher Herabsetzung des Islams angewandt.

Zuletzt wurde im August eine geistig beeinträchtigte 14-jährige Christin drei Wochen lang in einem Hochsicherheitsgefängnis festgehalten, weil sie Seiten des Koran verbrannt haben soll. Obwohl keine Beweise vorliegen, ist der Prozess gegen das Mädchen nicht abgeschlossen. Die neuesten Ermittlungsergebnisse belasten einen Imam, der die verkohlten Seiten in die Tasche des Mädchens gesteckt haben soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2012)

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