»Die Gefallenen müssen respektiert werden«

Der albanische Ex-Rebellenchef Ali Ahmeti über Versöhnung in Mazedonien und den Namensstreit mit Athen.

Alle Beobachter sind sich einig: Die Spannungen zwischen Albanern und Mazedoniern sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr...

Ali Ahmeti: Sie wollen gleich mit den Spannungen beginnen? ... Wir haben vor mehr als elf Jahren das Ohrid-Abkommen geschlossen (Anm.: Abkommen zur Beendigung des Albaneraufstandes). Seither wurde viel erreicht: Die albanische Universität in Tetovo wurde legalisiert, wir dürfen die albanische Nationalflagge verwenden. Die Albaner wurden an der staatlichen Verwaltung beteiligt, unser verfassungsrechtlicher Status wurde verbessert. Damit sind wir einer Gleichberechtigung nähergekommen. Eine völlige Gleichberechtigung haben wir aber noch nicht erreicht.

Warum nicht?

Es gibt noch wichtige Schritte: etwa die völlige Gleichberechtigung der Sprachen in Mazedonien. Und einige mazedonische Mitbürger glauben, dass die Armee nur ihnen gehört. Aber sie gehört allen: Albanern, Mazedoniern, Serben, Türken, Wlachen, Roma. Der Verteidigungsminister hat die Gefallenen der Nationalen Befreiungsarmee UÇK auch deshalb geehrt, um die Armee allen Bürgern näherzubringen.

Aber viele Mazedonier haben es als Provokation empfunden, dass Minister Fatmir Besimi, der Ihrer Partei angehört, ein Heldengedenken für die UÇK abgehalten hat.

Die Hälfte der Abgeordneten meiner Partei sind ehemalige Soldaten der Nationalen Befreiungsarmee. Ich war ihr Oberkommandierender. Die Toten müssen respektiert werden, egal auf welcher Seite sie zu Lebzeiten gestanden sind . Die Mazedonier müssen ihre albanischen Mitbürger respektieren.

Ihre Koalitionspartner von der mazedonischen VMRO-DPMNE lassen in Skopje zahlreiche neue Monumente aufstellen: von Alexander dem Großen beispielsweise oder auch Philipp von Makedonien... Ist das im Streit mit Griechenland nicht kontraproduktiv?

Sie provozieren mich jetzt... Unsere Partei drängt schon lange darauf, den Disput mit Griechenland zu beenden. Alexander der Große gehört in eine Periode, die seit 2200 Jahren vorbei ist. Wir haben Fragen auf dem Tisch, die die Zukunft unserer Bürger betreffen. Ich bin sehr stolz darauf, dass in Skopje ein Monument von Skanderbeg (Anm.: albanischer Nationalheld) steht. Aber wenn die Albaner am Morgen aufwachen, stellt ihnen Skanderbeg kein Essen auf den Tisch. Und er wird ihnen auch kein Abendessen bringen, wenn sie nicht einen Job haben und während des Tages gearbeitet haben. Wir müssen unser Land näher an EU und Nato bringen. Das garantiert uns Frieden und wirtschaftliche Stabilität.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2012)

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