USA: „Ich warte jetzt noch auf die Pest“

Wintersturm Athena
Wintersturm Athena(c) EPA (RAINER JENSEN)
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Eine Woche nach Hurrikan „Sandy“ legte der Wintersturm „Athena“ eine Schneedecke über die Ostküste zwischen Connecticut und New Jersey und verzögert Aufräumarbeiten.

Washington. Der Streifen an der US-Ostküste hatte sich noch nicht von den Nachwehen des Hurrikan „Sandy“ erholt, da brauste neun Tage später bereits der nächste Sturm über den Atlantik heran – diesmal ein gefürchteter „Nor'easter“, also aus dem Nordosten. „Athena“ stürzte die Region neuerlich ins Chaos. Regen- und Hagelstürme peitschten über die Küste, im Hinterland fielen bis zu 20 Zentimeter Schnee, in New Yorks Central Park immer noch zehn bis 15 Zentimeter. Weite Teile im Nordosten der USA lagen am Donnerstag unter einer Schneedecke.

Wie üblich begleiteten Stromausfälle und die Stornierung von mehr als 2000 Flügen aus der Großregion New York – der bevölkerungsreichsten des Landes – das Wetterunbill. Wieder fiel in hunderttausenden Haushalten von New Jersey bis Connecticut der Strom aus – und dies war angesichts von Temperaturen rund um den Gefrierpunkt besonders bitter. Vereiste Straßen legten den Verkehr lahm, unter der Last von Eis und Schnee geknickte Bäume kappten Stromleitungen.

„Das ist eine Woche wie in der Hölle“, sagte eine ältere Bewohnerin am „Jersey Shore“, der von Hurrikan „Sandy“ am schwersten getroffenen Küste von New Jersey. Ein anderer nahm es mit relativer Gelassenheit, verwundert registrierte er das Wetterchaos: „Vor einer Woche bin ich im Regen herumgestiefelt, jetzt im Schnee.“

Angst vor Plünderungen

Die Küstenbewohner sind immer noch mit Aufräumarbeiten nach dem Hurrikan beschäftigt. Oft stehen die Erdgeschoße noch unter Wasser, vor den Häusern stapeln sich Küchengeräte, Mobiliar und Sperrholz. Sie kämpfen überdies weiterhin mit Benzinknappheit und Warteschlangen vor den Tankstellen. Aus Angst vor Plünderungen wollen viele ihre vom Sturm zerzausten Häuser allerdings nicht verlassen. Sie weigern sich, der Aufforderung der Behörden zur Evakuierung Folge zu leisten.

110 Todesopfer hatte Hurrikan „Sandy“ allein in den USA gefordert, davon mehr als 40 in der Metropole New York. Der Stadtteil Staten Island, der „vergessene Bezirk“, war am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Ein wütender Proteststurm der Bewohner veranlasste New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg schließlich doch zur Absage des Marathons am vergangenen Wochenende.

Indessen stand New Jerseys so beliebter wie beleibter Gouverneur Christ Christie in seiner „Katastrophenuniform“ (einer blauen Fleecejacke) wieder an der Wetterfront. „Ich hasse es, Rückschläge hinzunehmen“, sagte er wie ein Preisboxer. Angesichts der entfesselten Naturgewalten sei er aber machtlos. Und es wäre nicht Christie, hätte er nicht seinen Sinn für Humor aufblitzen lassen. In Anspielung auf die biblischen Plagen sagte er: „Ich warte jetzt nur noch auf Heuschrecken und die Pest.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2012)

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