Strengeres Waffenrecht: Obama schickt Vize Joe Biden vor

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Die mächtige Waffenlobby NRA bricht nach dem Amoklauf mit 26 Todesopfern an Grundschule erstmals ihr Schweigen und kündigt Schritte an, um so etwas künftig zu verhindern.

Washington. Joe Biden ist der Mann für die kniffligen Fälle der Obama-Regierung. Der Präsident hat nach dem Massaker an einer Schule von Newtown (Connecticut) mit 26 Todesopfern seinen Vize beauftragt, eine Kommission zu leiten, die Antworten auf die drängenden Fragen nach Reform des Waffenrechts finden soll. Die Themenstellung für das Gremium ist freilich komplexer, wie Obama mehrfach seit dem Schulmassaker anklingen ließ. Eingebunden sind auch Bildungsminister Arne Duncan und Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius, die Maßnahmen auf breiter Ebene diskutieren sollen.

Wegen seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Kongress hat Ex-Senator Biden schon als Unterhändler des Präsidenten bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform und zur Anhebung des Schuldenlimits die Fühler zu seinen Exkollegen ausgestreckt. Obama hat „Amtrak Joe“, der mehr als 30 Jahre mit dem Zug nach Washington pendelte, überdies als „Botschafter für die Mittelklasse“ eingesetzt.

Während der Chor der Verfechter für striktere Waffengesetze mit jedem Tag anschwillt, hat die mächtige Waffenlobby NRA (National Rifle Association) erstmals seit Newtown ihr Schweigen gebrochen: Sie verurteilte am Mittwoch die „schrecklichen und sinnlosen“ Morde und werde alles versuchen, solche Bluttaten zu verhindern. Für Freitag kündigte sie eine Pressekonferenz an, in der sie ausführlich Stellung nehmen will. Die Kritik der letzten Tage hatte der NRA schwer zugesetzt, nun wollte sie zumindest den richtigen Ton in einer Debatte treffen, die ihren Interessen zuwiderläuft. Wie stets nach derlei Anlässen ist die NRA gleich nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown abgetaucht – mit dem Kalkül, die erste Empörung zu überstehen, um sich dann weiter gegen eine Verschärfung des Waffenrechts zu stemmen. Jetzt wird die Entrüstung nicht so schnell abebben; der Tod von allein 20 Kindern hat die Nation in ihrem Innersten getroffen.

Folgen für die Waffenhersteller

Die Demokraten bereiten indessen eine Initiative für rigorosere Maßnahmen vor, und Präsident Obama signalisierte seine Unterstützung für einen Vorstoß der Senatorin Dianne Feinstein: Die kalifornische Politikerin will demnächst halb automatische Sturmgewehre und Magazine mit mehr als zehn Patronen unter Bann stellen. Unter dem Eindruck des Schulmassakers haben Offizielle in Kalifornien und Michigan schon jetzt lokale Waffengesetze verschärft.

Auch unter den Republikanern zeichnet sich ein Abweichen von der harten Linie ab, wie Senator John McCain suggerierte. Sein Mitstreiter Lindsey Graham relativierte dagegen, ein Waffenverbot würde nur ein „trügerisches Gefühl der Sicherheit“ geben. Unterdessen verzeichnet die US-Wirtschaft erste Auswirkungen: Die Aktien der Waffenschmiede Smith & Wesson fielen um 20 Prozent. Die Private-Equity-Firma Cerberus stieß den Produzenten des Bushmaster-Sturmgewehrs ab.

Auf einen Blick

Die mächtige US-Waffenliga National Rifle Association hat am Mittwoch nach tagelangem Schweigen zu dem Amoklauf von Newtown erstmals eine Stellungnahme publiziert: Darin wurde angesichts der Katastrophe Bedauern ausgedrückt – und die Bereitschaft angedeutet, eine Verschärfung des Waffenrechts in den USA hinzunehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2012)

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