Chile: Schlachtrufe erschüttern Lateinamerika

(c) AP (JORGE SANCHEZ)
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Mit Gesängen wie „Peruanern werd ich die Kehlen durchschneiden!“ joggte eine Abteilung chilenischer Marinesoldaten durch den Badeort Viña del Mar – und wurde dabei von Urlaubern gefilmt.

Santiago/Buenos Aires. Chiles Marine hat die Regierung ihres Landes aus den Ferien gebrüllt: Ausgerechnet auf der Strandpromenade des Badeortes Viña del Mar, nordwestlich Santiagos, filmte ein Urlauber eine Gruppe Marinesoldaten beim Dauerlauf. Der Unteroffizier, der vorantrabte, skandierte wilde Schlachtrufe, die von den Marinos laut repetiert wurden: „Argentinier werd ich töten! Bolivier werd ich erschießen! Peruanern werd ich die Kehlen durchschneiden!“ (>>> zum Video auf "Youtube")

Nur zehn Tage zuvor hatte Chile als Gastgeber des Lateinamerika-EU-Gipfels sein gutes Image weiter aufpoliert. In Anwesenheit unter anderen von Deutschlands Angela Merkel, Frankreichs François Hollande und Spaniens Mariano Rajoy durfte Präsident Sebastián Piñera ein erfolgreiches Jahr an der Spitze der CELAC abschließen, des Bündnisses aller Länder Lateinamerikas und der Karibik. Obwohl deutlich konservativer und marktliberaler regiert als die meisten lateinamerikanischen Staaten, war Chile in den großen politischen Fragen des Kontinents ein verlässlicher Partner auch der linken Latinoregierungen.

Und nun dieser Rückfall in die Ära des Salpeterkrieges 1879–84, als Chile Peru und Bolivien besiegte? In die Aufwärmung des alten Konflikts mit Argentinien über Gebiete in Patagonien, der Dezember 1978 fast zum Krieg geführt hätte, hätten die Argentinier ihren Angriff nicht wenige Stunden zuvor abgesagt – aufgrund einer Intervention Papst Johannes Pauls II.?

Besonders in Bolivien, das im Salpeterkrieg seinen Meereszugang verlor und dessen Rückgabe seit heute von Chile fordert, reagierte die Regierung gereizt: César Navarro, Minister für soziale Bewegungen, forderte eine internationale Verurteilung Chiles. Argentiniens Verteidigungsminister, Arturo Puricelli, wertete die Gesänge als „inakzeptabel“. Sie stünden im diametralen Gegensatz zu den seit Jahren gepflegten guten Beziehungen. Peru, das vor dem Internationalen Gerichtshof in den Haag eine Gebietsklage gegen Chile betreibt, reagierte zuückhaltend: Es sei aber „eine schnelle Reaktion der chilenischen Behörden angemessen“.

„Schickt sie zu Häkelkursen“

Die kam auch sofort. „Solche Praktiken sind weit entfernt von dem, was in der Marine unterrichtet wird. Deshalb sind sie nicht zu akzeptieren“, twitterte Marine-Chef Admiral Edmundo González. Die Regierung kündigte eine sofortige Untersuchung an. Allerdings gibt es auch Stimmen aus dem Regierungslager, die nichts Böses sehen wollen: Gonzalo Arenas, Parlamentarier der ultrakonservativen UDI, twitterte, solche Gesänge habe es immer gegeben. Um solche Vorfälle zu vermeiden, solle der Admiral seine Männer „zu Stick- und Häkelkursen anmelden“, ätzte der Abgeordnete jener Partei, in der man bis heute Ex-Diktator Pinochet verehrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2013)

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