Lebensmittelsicherheit: Wie das Pferd in die Lasagne kam

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Der Skandal um Pferdefleisch in der Rindslasagne zieht europaweit Kreise. In Österreich dürften diese Produkte nicht in die Regale geraten sein. Wie kann man sich als Konsument schützen?

Wien. Der Skandal rund um Pferdefleisch in Großbritannien, das in Tiefkühllasagnen als Rindfleisch verkauft wurde, dehnt sich aus. Besonders für die Briten dürfte der Schwindel schlimm sein: Gilt es dort doch als Tabu, Pferdefleisch zu essen. Nun ist dieses weder giftig noch gefährlich. Es stellt sich aber die Frage: Wie kann man sich als Konsument vor Betrugsfällen wie diesem schützen? „Die Presse“ liefert die wichtigsten Antworten.

1. Wer ist schuld daran, dass Pferdefleisch als Rindfleisch durchgegangen ist?

Der Skandal um als Rindfleisch deklariertes Pferdefleisch eskaliert in Schuldzuweisungen und Klagsdrohungen. Begonnen hatte alles Mitte Jänner mit dem Fund von Pferdefleischspuren in Produkten in Irland, vorige Woche zog der Tiefkühlkonzern Findus Produkte in Großbritannien, Schweden und Frankreich zurück. Produzent der Gerichte war die Firma Comigel, die das Fleisch vom französischen Konzern Spanghero erhielt. Dieser erklärte, das Fleisch sei ihm aus Rumänien untergeschoben worden. Es soll über Händler in den Niederlanden und Zypern nach Frankreich gelangt sein.

2. Ist Österreich betroffen? Wurde das Produkt hierzulande verkauft?

Darauf gibt es bisher keine Hinweise, heißt es vom Gesundheitsministerium und der Ages, der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Das Ministerium hat eine Schwerpunktaktion veranlasst, sagt Carolin Krejci von der Abteilung für Lebensmittelrecht. Nun sollen speziell Fertigprodukte, die (laut Verpackung) Rindfleisch beinhalten, kontrolliert werden. Soweit bekannt, ist es in Österreich auch noch zu keinem vergleichbaren Skandal gekommen.

3. Wer kontrolliert die heimischen Lebensmittel und welche Missstände treten auf?

Grundsätzlich gelten heimische Lebensmittel als sicher, und auch bei diesem Skandal, so Krejci, gehe es nicht um Sicherheit oder Gesundheitsgefahr, sondern um Betrug. Falsche Kennzeichnung wird auch in Österreich am häufigsten beanstandet. 2011 gab es, laut Lebensmittelsicherheitsbericht, in Österreich 71.500 „Revisionen“, also Betriebsbesuche und Untersuchungen. 31.782 Proben wurden gezogen, 0,5 Prozent davon waren gesundheitsschädlich. Zudem wurden 3,7 Prozent als für den menschlichen Verzehr ungeeignet bewertet, bei 4,3 Prozent wurden Kennzeichnungsmängel beanstandet, vier Prozent wiesen irreführende Angaben auf. Knapp 86 Prozent waren in Ordnung. Die AMA, deren Siegel – anders als beliebige rot-weiß-rote Banner – garantiert, dass Tiere in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet wurden, führt zusätzlich an die 10.000 Kontrollen pro Jahr (inklusive Warenstromanalysen) durch. Allerdings nur bei ihren 40.000 Mitgliedsbetrieben. Abgesehen davon ist die Lebensmittelkontrolle Sache der Bundesländer – in Wien etwa ist das Marktamt zuständig.

4. Schützen Gesetze ausreichend vor falscher Kennzeichnung?

Bei verarbeiteten Produkten wie der Tiefkühllasagne ist es schwierig, die Herkunft nachzuweisen. Bis Ende 2014 müssen die EU-Mitgliedsländer die „Verbraucherinformationsverordnung“ umgesetzt haben. Sie sieht künftig eine generelle Herkunftsbezeichnung für Fleisch vor. Es muss klar ersichtlich sein, woher die verwendeten Schweine, Schafe, Ziegen oder Hühner kommen. Bei Rindfleisch ist das jetzt schon Pflicht. Zwar wird noch über die Details diskutiert, derzeit sieht es aber nicht danach aus, als würde die Verordnung auch für verarbeitete Produkte gelten.

5. Hätte ein Fall wie der in Großbritannien auch in Österreich passieren können?

„Generell kann man davon ausgehen, dass ein Großteil der Lebensmittel sicher ist“, sagt Birgit Beck vom Verein für Konsumenteninformation. Aber schwarze Schafe gebe es immer wieder. Je komplexer ein Produkt, desto schwieriger sei es, Herkunft und Inhaltsstoffe sicherzustellen. Lebensmittelrohstoffe werden mittlerweile in verschiedensten Ländern eingekauft (unter anderem Erdbeeren aus China für Fruchtjoghurt oder Fleisch für Hühnernuggets aus Südamerika) – nicht immer scheinen diese Länder ordnungsgemäß auf Verpackungen auf. „Wenn es jemand auf einen Betrug anlegt, kann man leider nichts ausschließen.“ Dem stimmt man auch im Gesundheitsministerium zu, und bei der Supermarktkette Spar heißt es: „Betrug ist Betrug“, ganz ließe sich dieser nie verhindern.

6. Ist das Risiko bei Fertigware oder Billigstprodukten vom Diskonter größer?

Per se, so Krejci, könne man das nicht sagen. „Aber wenn ich Schweinefleisch um einen Euro kaufe, muss ich mich natürlich fragen: Was für eine Qualität kann das sein?“ Grundsätzlich gelte: Je höher verarbeitet das Produkt, desto größer das Risiko. „Am sichersten ist es immer, regional und saisonal zu kaufen und selbst zu kochen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2013)

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